Warnstreiks im öffentlichen Dienst Verdi stört Flugbetrieb
27.03.2012, 06:40 Uhr
Vor der neuen Verhandlungsrunde zwischen Gewerkschaftsvertretern und Arbeitgebern in Potsdam demonstriert Verdi noch einmal seine Macht. Mit Warnstreiks an Flughäfen wird der deutsche Luftverkehr empfindlich gestört. Auch auf andere Verkehrsmittel ist kein Verlass.
Die Warnstreiks im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes haben den Flugverkehr in Deutschland erheblich beeinträchtigt. Wegen der Arbeitsniederlegungen wurden etwa am größten deutschen Flughafen in Frankfurt am Main nach Angaben des Flughafenbetreibers Fraport 443 Flüge annulliert. In München fielen nach Angaben des Flughafen-Betreibers 85 Flüge aus. In Düsseldorf gab es 25 Annullierungen, am Flughafen Köln/Bonn wurden neun Flüge gestrichen. Zudem kam es zum Teil zu Verspätungen.
An diesem Dienstag soll das Bodenpersonal an mehreren deutschen Flughäfen streiken:
- In Berlin von 5.30 Uhr bis 12.00 Uhr
- In Frankfurt von 5 bis 14.30 Uhr
- In München von 6 bis 14 Uhr
- In Düsseldorf von 8 bis 14 Uhr
- Am Flughafen Köln/Bonn von 0 bis 10 Uhr
- In Stuttgart von 6 bis 11 Uhr
Betroffene Fluggäste werden gebeten, sich mit ihrer Fluggesellschaft in Verbindung zu setzen. Ausfallpläne sind auch im Internet auf den Seiten der jeweiligen Flughäfen und Fluggesellschaften zu finden.
Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi können sich die Streikzeiten noch kurzfristig ändern.
Wichtige Info-Nummern:
Flughafen Frankfurt 01805/37246
Lufthansa 01805/805805
Air Berlin 01805/737800
In Berlin folgte nach Angaben von Verdi-Streikleiter Jens Gröger sowohl am Flughafen Tegel als auch am Flughafen Schönefeld das Bodenpersonal dem Streikaufruf zu großen Teilen. An den Berliner Flughäfen wurde die Arbeit wegen eines anderen Tarifkonflikts niedergelegt. Dort rief Verdi die Beschäftigten der Firma GlobeGround zu einem Warnstreik auf, um in den laufenden Tarifverhandlungen mit den Flughafenbetreibern den Druck zu erhöhen.
Unternehmen gut vorbereitet
Dennoch rechnet die Lufthansa für Mittwoch wieder mit relativ normalen Flugplänen. "Der Streik wird sich natürlich noch ein wenig auswirken, aber insgesamt dürfte es wieder ein vergleichsweise normaler Tag werden", sagte ein Sprecher des Unternehmens in Frankfurt.
Für Inlandsflüge stünden erneut die Fernzüge der Deutschen Bahn als Alternative bereit, sagte der Lufthansa-Sprecher. "Diese Zusammenarbeit ist wichtig und entlastet uns enorm." Viele Passagiere hätten bereits die Möglichkeit genutzt, ihr Ticket kostenlos umzubuchen. Lufthansa versuchte einen möglichst stabilen Flugplan aufzustellen und über Flugausfälle zu informieren. Ähnliche Maßnahmen hat auch Deutschlands zweitgrößte Fluglinie Air Berlin ergriffen.
Die Gewerkschaft Verdi hatte unter anderem in Frankfurt das Bodenpersonal und weitere Beschäftigte des Flughafenbetreibers Fraport zu einem mehrstündigen Warnstreik aufgerufen. "Ein weiteres Mal wird damit ein Konflikt auf dem Rücken des Unternehmens und seiner Passagiere ausgetragen", kritisierte die Lufthansa.
Bsirske zeigt die Instrumente
Der Verdi-Vorsitzende Frank Bsirske verteidigte bei n-tv das Vorgehen seiner Gewerkschaft. Der Streik habe ja die Funktion, "deutlich zu machen, wie die Stimmung in den Betrieben ist", sagte Bsirske. Er gebe der Arbeitgeberseite auch die Möglichkeit, das "Eskalationspotenzial einzuschätzen". Bsirske bekräftigte noch einmal die Forderungen nach deutlichen Lohnerhöhungen. Das bisherige Angebot der Arbeitgeber von 3,3 Prozent mehr Gehalt auf zwei Jahre lehnte er ab. "Die 3,3 Prozent sind bezogen auf zwei Jahre. Das heißt, wir haben es im Schnitt mit 1,7 Prozent jahresbezogener Lohnerhöhung zu tun 2012 und 2013", so Bsirske. "Das reicht noch nicht mal zum Ausgleich der Preissteigerungsrate, weder 2012 noch 2013."
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kritisierte die Ausweitung der Streiks auf Flughäfen als "unangemessene Reaktion". "Da wir ein substanzielles Angebot gemacht haben, ist es ungerechtfertigt, die Bevölkerung jetzt mit diesen Streiks zu malträtieren", sagte Friedrich der "Rheinischen Post".
215.000 Streikende
An der zweiten Warnstreikwelle im öffentlichen Dienst haben sich nach Angaben von Verdi seit vergangener Woche rund 215.000 Beschäftigte in den Kommunen, beim Bund und an den Flughäfen beteiligt. Dies sei "quer durch die Republik und quer durch alle Bereiche des öffentlichen Dienstes ein unmissverständliches Signal" an die Adresse der Arbeitgeber, sagte Gewerkschaftschef Bsirske.
Am Mittwoch und Donnerstag steht die dritte und entscheidende Verhandlungsrunde für den öffentlichen Dienst an. Verdi fordert 6,5 Prozent mehr Gehalt. Zur Stärkung der unteren Einkommen soll die Steigerung mindestens 200 Euro betragen. Die Tarifauseinandersetzung betrifft rund zwei Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bei Bund und Kommunen.
Scheitern die Gespräche in Potsdam, könnte auf Deutschland eine Streikwelle von Beschäftigten der Metallindustrie, des öffentlichen Dienstes, der Banken und der Telekom zurollen. Am Montag hatte Bsirske in Stuttgart angekündigt, dass in diesem Fall in den verschiedenen Branchen "Verabredungen getroffen werden, gemeinsam sichtbar zu werden". Wenn die Tarifparteien für ihre Bereiche keine Lösung am Verhandlungstisch fänden, könnte es im Mai zu konzertierten Aktionen kommen.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP