Politik

Undercover-Agenten statt angeworbene Extremisten Verfassungsschützer suchen Alternativen

Nazi-Demo in Erfurt: unterwandern statt abwerben

Nazi-Demo in Erfurt: unterwandern statt abwerben

(Foto: picture alliance / dpa)

In der Politik ist eine Diskussion um die Frage entbrannt, ob der Einsatz von V-Leuten mit mehr Risiko als Chancen verbunden ist. Die Landesbehörden reagieren: Sie wollen vermehrt auf eigene Mitarbeiter setzen und extremistische Organisationen von diesen unterwandern lassen.

Als Lehre aus dem Geheimdienst-Debakel bei der Aufklärung der NSU-Mordserie wollen mehrere Landesämter für Verfassungsschutz laut "Spiegel" die gängige Praxis verändern, vor allem V-Leute aus extremistischen Szenen anzuwerben. Sie setzen verstärkt auf eigene Mitarbeiter, die als Undercover-Agenten radikale Gruppen infiltrieren sollen, wie das Magazin berichtet.

Am 22. Mai tage in Köln erstmals eine Arbeitsgruppe mit Vertretern des Bundesamts und der 16 Landesämter für Verfassungsschutz, um über neue Wege bei der Beschaffung geheimer Informationen aus extremistischen Szenen zu diskutieren.

Vor allem Sachsen-Anhalt drängt darauf, weniger Extremisten für Spitzeldienste zu bezahlen und stattdessen eigene verdeckte Ermittler in verfassungsfeindliche Gruppierungen einzuschleusen. "V-Leute sind dem Staat gegenüber nicht per se loyal eingestellt, sondern eher dem Geld, das sie vom Staat bekommen. Solche Leute können Sie nur bedingt steuern", sagte der Innenminister von Sachsen-Anhalt, Holger Stahlknecht (CDU), dem Magazin. Er wolle V-Leute zwar nicht völlig abschaffen. "Aber wir sollten versuchen, künftig auch auf verdeckte Ermittler zu setzen." Ähnliche Überlegungen gibt es laut "Spiegel" in anderen Bundesländern. Hamburgs Verfassungsschutzchef Manfred Murck sagte: "Verdeckte Ermittler sind eine Option, die stärker ins Spiel gebracht werden sollte."

Grüne wollen ganz auf V-Leute verzichten

Schleswig-Holsteins Innenminister Andreas Breitner (SPD) hält den Einsatz von V-Leuten allerdings weiter für unverzichtbar. "Ein Nachrichtendienst ohne Informanten in der Szene wäre weitgehend blind, taub und nutzlos", sagte Breitner.

Der Sozialdemokrat widersprach damit einem Beschluss des Grünen-Bundesparteitags. Im Wahlprogramm der Grünen für die Bundestagswahl am 22. September steht der vollständige Verzicht von V-Leuten für die geheimdienstliche Arbeit im Inland.

Ohne Insidertipps aus den einschlägigen Milieus tappten Verfassungsschutz und Polizei häufig im Dunkeln, sagte Breitner. "Der Rechtsstaat muss so früh wie möglich wissen, was seine Feinde planen." Der Kieler Minister forderte eine bundesweit einheitliche Regelung sowie Standards für den Einsatz und die Führung von V-Leuten. Es sei beispielsweise vollkommen inakzeptabel, dass der Verfassungsschutz mit Leuten fest zusammenarbeite, die erhebliche Straftaten begangen hätten.

Quelle: ntv.de, dpa

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