"Eine bestens genutzte Zeit" Verkürzte Wehrpflicht ab Oktober
17.03.2010, 21:39 UhrDie Bundesregierung will nach den Worten von Verteidigungsminister Guttenberg einen attraktiven Wehrdienst schaffen, der "sechs bestens genutzte Monate für junge Menschen bedeutet". Schon ab 1. Oktober wird die von der schwarz-gelben Koalition vereinbarte Verkürzung der Wehrpflicht umgesetzt.
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg drückt bei der Wehrdienstreform aufs Tempo. Die Verkürzung von neun auf sechs Monate soll vom Januar 2011 auf Oktober vorgezogen werden, die Grundausbildung wird von drei auf zwei Monate reduziert. Die Bundesregierung wolle einen attraktiven Wehrdienst schaffen, der "sechs bestens genutzte Monate für junge Menschen bedeutet", sagte der CSU-Politiker in Berlin. Noch früher als der Wehrdienst soll der Zivildienst bereits zum 1. August auf sechs Monate reduziert werden. Wohlfahrtsverbände fürchten, dass die Betreuung von alten und kranken Menschen darunter leiden wird.
Union und FDP hatten sich im Koalitionsvertrag auf eine Verkürzung des Wehr- und Zivildienstes auf sechs Monate zum 1. Januar 2011 verständigt. Zivildienst muss geleistet werden, wenn der Wehrdienst verweigert wird. Das Konzept für die Verkürzung dafür liegt nun früher vor als geplant vor. "Wir haben ein ambitioniertes Projekt, das erfordert, dass wir zügig arbeiten", sagte Guttenberg.
Familienressort muss noch abnicken
Die geplante Verkürzung bereits ab Oktober ist zwischen Familien- und Verteidigungsministerium aber noch nicht endgültig abgestimmt, machte ein Sprecher des Familienministeriums deutlich. Das Ministerium ist für die Gestaltung des Zivildienstes zuständig. Der Sprecher erinnerte daran, dass Ministerin Kristina Schröder (CDU) mit einer freiwilligen Verlängerung des parallel neu zu regelnden Zivildienstes sympathisiere. Unionspolitiker hatten zuletzt vorgeschlagen, dass "Zivis" ihren Dienst auf freiwilliger Basis um weitere sechs Monate verlängern können.
Die Wehrdienstreform soll dazu führen, dass künftig pro Jahr rund 50.000 statt bisher 40.000 Wehrdienstleistende eingezogen werden können. Die etwa 10.000 jungen Männer, die zum 1. Oktober ihre Grundausbildung beginnen sollen, können die Bundeswehr am 31. März wieder verlassen - gleichzeitig mit den Wehrdienstleistenden, die zum 1. Juli anfangen. Die Grundausbildung soll in der Regel nur noch zwei Monate dauern. Dort, wo es für notwendig erachtet wird, soll sie aber auf drei Monate verlängert werden können.
Ziel Guttenbergs ist es, die Ausbildung deutlich dichter zu gestalten. "Bummelerfahrungen" sollten der Vergangenheit angehören, sagte er. "Es sollte eine bestens genutzte Zeit sein", so der Minister. Den jungen Menschen solle die Möglichkeit gegeben werden, "die Attraktivität dieses Arbeitgebers zu erkennen".
Große Sorge bei der Wohlfahrt
Die Verkürzung des Wehrdienstes ist in der Bundeswehr höchst umstritten. Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Reinhold Robbe, hatte in seinem Jahresbericht darauf hingewiesen, wie groß die Skepsis ist. "Nur eine Minderheit in der Bundeswehr vertritt eine zustimmende Meinung zum neuen Wehrdienst", schreibt er. Skepsis und Verunsicherung würden überwiegen. "Im Vordergrund steht hierbei die Sorge, die verkürzte Wehrpflicht sei nicht geeignet, einen sinnvollen Wehrdienst zu gewährleisten."
Robbe hatte am Dienstag seinen letzten Bericht als Wehrbeauftragter vorgestellt und darin gravierende Missstände angeprangert.
Noch größer sind die Sorgen bei den Wohlfahrtsverbänden, die zu einem großen Teil auf Zivildienstleistende angewiesen sind. Das Deutsche Rote Kreuz, das im Jahr 8000 Zivildienstleistende beschäftigt, reagierte irritiert. "In der kurzen Zeit ist es uns unmöglich, einen Ersatz für die Leistungen zu schaffen, mit denen Zivildienstleistende den sozialen Angeboten des DRKs eine besondere Qualität hinzufügen", erklärte DRK-Präsident Rudolf Seiters. Die vom Roten Kreuz betreuten Menschen dürften unter der Umstellung nicht leiden: "Wir brauchen mehr Zeit und eine entsprechende Förderung, um einen Ausgleich durch Freiwilligendienste zu organisieren."
Quelle: ntv.de, dpa