Aufarbeitung der Militärdiktatur Verletzung der Menschenrechte in Argentinien
21.03.2001, 18:02 UhrSeit Jahren werden die begangenen Menschenrechtsverletzungen in Argentinien international diskutiert und angeprangert. Doch umfassende Konsequenzen wurden daraus bis heute nicht gezogen.
Den Herrschern der argentinischen Militärdiktatur von 1976 bis 1983 werden Völkermord, Terrorismus, Entführung, Vergewaltigung und Folter vorgeworfen. Die Zahl der “Verschwundenen” während der Diktatur wird auf insgesamt 30.000 Personen geschätzt. Viele dieser Menschen endeten in geheimen Folterlagern der Streitkräfte, manche wurden sofort ermordet, andere über dem Meer aus Flugzeugen oder Hubschraubern geworfen. Eine nach der Diktatur mit der Suche nach “Verschwundenen” beauftragte Arbeitsgruppe, die so genannte Wahrheitskommission, konnte bis Ende 1999 nur das Schicksal von 124 Opfern klären.
Der Chef der Streitkräfte, General Ricardo Brinzoni, hatte im Sommer 2000 vorgeschlagen, die Menschenrechtsverletzungen während der Diktatur an einem “Runden Tisch” zu diskutieren. Dies lehnen die Familienangehörigen der Opfer aber ab. Sie bezeichnen das als Versuch, die juristische Aufarbeitung der Vergangenheit zu verhindern. Die Familienangehörigen in Argentinien haben sich in der Gruppe "Madres de la Plaza Mayo” organisiert, um das Schicksal ihrer Verwandten aufzuklären. Sie arbeiten eng mit Menschenrechtsgruppen in anderen Ländern zusammen.
Auch nach dem Ende der Militärdiktatur wurden die Täter nicht strafrechtlich verfolgt. Die nachfolgenden argentinischen Regierungen unter Alfonsn und Menem verabschiedeten unter dem Druck der Streitkräfte Gesetze, die eine Aufklärung der Schicksale von "Verschwundenen" und die Bestrafung der Beschuldigten verhindert. Das sind das so genannte Gesetz zum Befehlsnotstand und das Schlußpunktgesetz.
Deshalb versuchen die Angehörigen, die Täter über Verfahren im Ausland zur Rechenschaft zu ziehen. Das geschieht über Verschollene aus dem Ausland. So ist in Italien, wo von hundert in Argentinien vermissten Staatsangehörigen berichtet wird, im April 1997 ein Verfahren gegen sieben beschuldigte argentinische Militärs eröffnet worden. Auch in Deutschland, es sollen 70 Deutsche oder Deutschstämmige in Argentinien verschleppt worden sein, wurde Strafanzeige gestellt. Sie richtet sich gegen 41 Militärs. Doch mit mehr als einem Internationalen Haftbefehl gegen die 41 wird nicht gerechnet. Denn in Deutschland ist eine Verurteilung von Angeklagten in Abwesenheit nicht möglich. Und zwischen Argentinien und Deutschland gibt es kein Auslieferungsabkommen.
Immerhin können die mit Internationalen Haftbefehl Gesuchten Argentinien nicht mehr verlassen. Außerdem hoffen Menschenrechtler, dass durch internationalen Druck die völkerrechtswidrigen Amnestiegesetze in Argentinien rückgängig gemacht und aufgehoben werden. Und so die Verbrechen der Vergangenheit doch noch juristisch aufgearbeitet werden können.
Quelle: ntv.de