Der Tragödie zweiter Teil "Vertrauens"-Frage in Kiel
22.07.2009, 17:47 UhrDie Ouvertüre ist verklungen: CDU-Ministerpräsident Carstensen hat die Große Koalition aufgekündigt, alle vier SPD-Minister geschasst. Nun folgt mit der Vertrauensfrage am Donnerstag der Erste Akt des Trauerspiels im Landhaus am Düsternbrooker Weg.
Mit der Vertrauensfrage will Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) am Donnerstag im Landtag die letzte Hürde auf dem Weg zur Neuwahl überwinden. Wenn der Regierungschef - wie von ihm angestrebt - die Abstimmung verliert, kann er die Wahlperiode vorzeitig beenden und die Landtagswahl parallel zur Bundestagswahl am 27. September herbeiführen. Nach dem Scheitern der Großen Koalition gilt eine Mehrheit für Carstensen in der Abstimmung als nahezu ausgeschlossen. Der bisherige Bündnispartner SPD hat angekündigt, ihm das Vertrauen zu verweigern. Auch die Opposition will gegen Carstensen votieren, die CDU-Fraktion wird sich voraussichtlich enthalten.
Rumpfkabinett regiert
Nach der Entlassung der SPD-Minister aus dem Kabinett regiert die CDU faktisch allein in Schleswig-Holstein. Carstensen und die drei noch verbliebenen Kabinettsmitglieder übernahmen zusätzlich die Leitung der betroffenen Ressorts. Wie diese Arbeit im Detail geregelt wird, wollen sie ebenfalls am Donnerstag bei der ersten Kabinettssitzung ohne SPD-Beteiligung entscheiden. Auch über eine mögliche Versetzung der SPD-Staatssekretäre in den Ruhestand soll dann entschieden werden. "Es ist wahrscheinlich notwendig", sagte Carstensen.
Namentliche Abstimmung
Die Abstimmung über die Vertrauensfrage folgt einer auf 90 Minuten angesetzten Debatte, in der Carstensen den Schritt ausführlich begründen will. Er selbst sieht keinen anderen Weg, nachdem die Selbstauflösung des Landtages am Montag am Widerstand der SPD gescheitert war. Alle Fraktionen halten eine Neuwahl inzwischen für unausweichlich. Auf Antrag der SPD soll namentlich abgestimmt werden.
"Unechte" Vertrauensfrage

Novum in den Bundesländern: Der Kieler Landesvater stellt das erste Mal eine "unechte" Vertrauensfrage.
(Foto: dpa)
In seinem Antrag bittet der Regierungschef zwar offiziell darum, ihm das Vertrauen auszusprechen. Schon die Überschrift des Dokuments jedoch zeigt, wohin es tatsächlich gehen soll: "Vorzeitige Beendigung der Wahlperiode durch den Ministerpräsidenten", heißt es dort. Geht Carstensens Plan auf, könnte er direkt im Anschluss das Ende der Wahlperiode im Plenum verkünden. Verzichtet er auf diese Möglichkeit, bleiben ihm zehn Tage Zeit, dem Landtagspräsidenten die Entscheidung schriftlich mitzuteilen.
Streit ist vorprogrammiert
Dass es nach der Entscheidung im Landtag ruhiger zugeht, wird in Kiel eher nicht erwartet. Ohne die Koalitionsdisziplin ist schon am Donnerstag heftiger Streit um die Regierungserklärung zum Atomkraftwerk Krümmel programmiert, die nach der Vertrauensfrage ansteht. Die Erklärung sollte eigentlich die bisherige Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) vortragen. Nun übernimmt dies Umweltminister Christian von Boetticher (CDU).
Die übrigen Fraktionen haben angekündigt, andere potenzielle Konfliktthemen ebenfalls vor der Wahl auf die Tagesordnung zu bringen. Für den 16. bis 18. September ist noch eine Parlamentssitzung angesetzt.
Quelle: ntv.de, dpa