Politik

"Zusatzbeiträge werden steigen" Viele wechseln Kassen

Hunderttausende Versicherte kehren wegen Zusatzbeiträgen ihren Krankenkassen den Rücken. Der Gesundheitsökonom Wasem erwartet für 2012 und 2013 noch weitere Zusatzbeiträge und prognostiziert: "Die Spannbreite zwischen den Krankenkassen wird wachsen." Die SPD will indes die Arbeitgeber aus der gemeinsamen Selbstverwaltung der Kassen drängen.

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(Foto: picture alliance / dpa)

Hunderttausende gesetzlich Versicherte haben den ersten Krankenkassen mit Zusatzbeiträgen gekündigt. Bis Mitte des Jahres büßten die betroffenen Versicherungen teils deutlich Versicherte ein. Das belegen Informationen aus Branchenkreisen. Die DAK verließen bis zum 1. Juli rund 307.000 Versicherte, bei der KKH-Allianz waren es 147.000 Versicherte. Die Kassen bestätigten die Zahlen. Ein kleinerer Teil der Abgänge sei aber unter anderem auch auf Todesfälle zurückzuführen. Bei keiner der Kassen gebe es eine krisenhafte Entwicklung, sagte der Chef des Ersatzkassenverbands vdek, Thomas Ballast. Gewinner waren vor allem die Techniker Krankenkasse und die AOK.

Der Gesundheitsökonomen Jürgen Wasem geht dennoch davon aus, dass Kassen beim Zusatzbeitrag bleiben könnten, wenn sie annehmen, dass sich die Finanzlage bald wieder verschlechtere. "Fest steht, dass 2012 und stärker noch 2013 vermehrt mit Zusatzbeiträgen zu rechnen ist", sagte Wasem. "Die Zusatzbeiträge werden steigen, und die Spannbreite zwischen den Krankenkassen wird wachsen." Die geplante Beitragserhöhung sowie die wieder angesprungene Konjunktur bringe der Krankenversicherung im kommenden Jahr zwar wieder mehr Einnahmen. "Ein Teil der Kassen, die Zusatzbeiträge erheben, haben deutliche Chancen, davon wieder herunterzukommen", sagte Wasem. Allerdings sei noch nicht sicher, ob die Sparankündigungen der Koalition im Gesundheitswesen in die Tat umgesetzt würden.

Reicht einer Kasse das Beitrags- und Steuergeld aus dem Gesundheitsfonds nicht aus, kann sie Zusatzbeiträge von ihren Mitgliedern erheben. Heute tun dies 16 Kassen. Laut dem kompromiss der Koalition sollen die Versicherungen künftig - anders als heute - Zusatzbeiträge in unbegrenzter Höhe nehmen dürfen. Ein Sozialausgleich soll aber verhindern, dass Versicherte mehr als zwei Prozent ihres Einkommens bezahlen müssen.

Wasem erwartet außerdem, dass sich die Zahl der gesetzlichen Krankenkassen weiter drastisch vermindern wird. "In fünf Jahren werden wir bei rund 100 Kassen sein", prognostizierte der Forscher. Vor allem bei den heute noch 128 Betriebskrankenkassen werde es Zusammenschlüsse geben. Seit Anfang vergangenen Jahres verringerte sich die Zahl der Kassen von 202 auf heute 163.

SPD will Arbeitgeber entmachten

Als Konsequenz aus der von der Koalition geplanten stärkeren Belastung der gesetzlich Krankenversicherten will die SPD die Arbeitgeber aus der gemeinsamen Selbstverwaltung der Kassen drängen. "Wer an den künftigen Kostensteigerungen nicht mehr beteiligt ist, hat das Recht verwirkt, bei den Krankenkassen weiter mitzureden", sagte der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach der "Berliner Zeitung". "Wer nicht mehr bezahlt, darf auch nicht mehr bestellen", sagte er.

Lauterbach will die Arbeitnehmer nicht mehr mitreden zu lassen.

Lauterbach will die Arbeitnehmer nicht mehr mitreden zu lassen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Im kommenden Jahr soll der Beitragssatz von 14,9 auf 15,5 Prozent steigen. Für die Arbeitnehmer gilt weiter ein 0,9-prozentiger Sonderbeitrag. Deshalb müssen sie dann 8,2 Prozent ihres Einkommens für die Krankenversicherung bezahlen, die Arbeitgeber 7,3 Prozent. Der Arbeitgeberanteil wird bei diesem Stand eingefroren. Damit gibt es keine paritätische Finanzierung mehr. Derzeit werden die Kassen - mit Ausnahme der Ersatzkassen -  gemeinsam von Arbeitgebern und Arbeitnehmern verwaltet.

Quelle: ntv.de, ghö/dpa

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