Politik

Kein Schutz vor Kleinflugzeugen Vier AKW offenbar vor dem Aus

Die Kuppel des Reaktorgebäudes des Atomkraftwerks Grohnde (Archivbild).

Die Kuppel des Reaktorgebäudes des Atomkraftwerks Grohnde (Archivbild).

(Foto: dapd)

Die Reaktorsicherheitskommission konnte sich in ihrem Bericht nicht zu Empfehlungen durchringen. Umweltminister Röttgen deutet jedoch an, dass die Atomkraftwerke dauerhaft vom Netz gehen sollen, die nicht einmal gegen den Absturz eines Kleinflugzeugs gewappnet sind. Für einen Ausstieg "Hals über Kopf" sieht Röttgen indessen keinen Anlass.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen hat das Aus für Atomkraftwerke in Deutschland angedeutet, die nicht einmal den Sicherheitsanforderungen für den Absturz eines kleineren Flugzeugs genügen. Dabei geht es um mindestens vier Meiler.

Röttgen sagte bei der Vorstellung des Berichts der Reaktorsicherheitskommission, Biblis A und B sowie Brunsbüttel und Philippsburg I hätten "keine nachgewiesene Sicherheitsauslegung". Dies werde bei der politischen Bewertung eine wesentliche Rolle spielen. In Stuttgart sagte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), er rechne damit, dass auch Neckarwestheim I nicht wieder ans Netz gehe.

Bundesumweltminister Röttgen (r.) und der Vorsitzende der Reaktorsicherheitskommission, Wieland.

Bundesumweltminister Röttgen (r.) und der Vorsitzende der Reaktorsicherheitskommission, Wieland.

(Foto: dpa)

Die vier Meiler erfüllen nicht die niedrigste der drei geprüften Sicherheitsstufen. Röttgen sagte, insgesamt verfügten die sieben ältesten AKW über keinen oder nur einen geringen Schutz. Davor könne die Politik nicht die Augen verschließen. Röttgen betonte, auch die Sicherheit der Zwischenlager werde geprüft.

Der Vorsitzende der Kommission, Rudolf Wieland, sagte, an vielen Stellen gebe es noch Untersuchungsbedarf. Dennoch habe sich ein Bild ergeben. Es gebe "einen großen Robustheitsgrad" für die untersuchten Anlagen. Dies gelte auch für die älteren Anlagen. Wieland räumte allerdings ein: "Es gibt keine Anlage, die komplett überall Level 3 erreicht. Es gibt auch, glaube ich, keine Anlage, die durchgängig Level 2 erreicht." Level 3 sind die höchsten, Level 1 die niedrigsten Sicherheitsanforderungen.

"Keine neue Erkenntnis"

Kein einziger Meiler sei so ausgebaut, das er schwersten Flugzeugabstürzen standhalten könne, sagte Röttgen. Auf die Frage, ob die fehlenden Schutzmaßnahmen etwa gegen den Absturz von Flugzeugen nun zum Aus für die ältesten Meiler führen, sagte Röttgen allerdings, eine Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt wäre unangemessen.

Er betonte, es sei nicht neu, dass die Atomkraftwerke gegen Flugzeugabstürze nicht gesichert seien. "Der Punkt mit dem Flugzeugabsturz, der ist keine neue Erkenntnis." Das sei schon beim rot-grünen Atomausstieg und bei der Laufzeitverlängerung durch die schwarz-gelbe Koalition im vorigen Jahr klar gewesen. Neu sei nun die gesellschaftliche und politische Entscheidung nach Fukushima, die Risiken eines Absturzes oder eines Terrorangriffs neu zu reflektieren.

Kommission gibt keine Empfehlung ab

Die Reaktorsicherheitskommission selbst gab keine klare Empfehlung für die Abschaltung von deutschen Atomkraftwerken ab. "Was man den Zusammenfassungen entnehmen kann, ist, dass es ein differenziertes, aber deutliches Ergebnis gibt", sagte Röttgen.

Röttgen sagte, die Prüfung habe gezeigt, dass es verantwortbar sei, nicht sofort aus der Atomkraft auszusteigen. Es sei kein Argument geliefert worden, nach dem man in Deutschland aus sicherheitsrelevanten Gründen "Hals über Kopf" aus der Kernenergie heraus müsse. Es bleibe aber bei dem Postulat, so schnell wie möglich einen Weg zu finden, die Kernenergie zu verlassen.

AKW-Check vom Schreibtisch aus

Die Anti-Atom-Organisation Ausgestrahlt erklärte, das Ergebnis des AKW-Checks sei "mit Vorsicht zu genießen". Einen Stresstest habe es nicht gegeben, die Kommission verlasse sich in weiten Teilen auf schriftliche Angaben der AKW-Betreiber. Die Ärzte-Organisation IPPNW nannte die Prüfung eine "freundliche Betreiberbefragung".

Auch die Atomaufsicht des schwarz-gelb regierten Schleswig-Holstein kritisierte vor der Übergabe des Abschlussberichts, dass zu einer Reihe von Fragen nur Einschätzungen der Betreiber selbst "ohne die gewohnte Nachweistiefe" vorlägen. Eine Überprüfung der Aussagen sei kaum möglich.

Die Ergebnisse der Überprüfung sollen eine wesentliche Grundlage für die Entscheidungen der Bundesregierung zum Abschalten von Atomkraftwerken im Rahmen der geplanten Energiewende sein. Das neue Atomgesetz, das die Restlaufzeiten der AKW festlegt, soll am 6. Juni vom Kabinett verabschiedet werden. Nach dem Atomunfall im japanischen Fukushima hatte die Bundesregierung die sieben ältesten Anlagen vorübergehend stillgelegt. Zudem blieb das ohnehin nach Pannen abgeschaltete AKW Krümmel vom Netz.

Quelle: ntv.de, hvo/dpa/rts

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