Politik

Von Jobcenter bis Schnapsbrenner Volles Programm im Bundesrat

Von Bafög bis Zwangsrabatt: Vor seiner Sommerpause bewältigt der Bundesrat ein Mammutprogramm. 27 Gesetzesbeschlüsse standen zur Abstimmung. Die wichtigsten Beschlüsse lesen Sie hier.

Noch hat Schwarz-Gelb leichtes Spiel. Nach dem Machtwechsel in NRW in der kommenden Woche kippt die Mehrheit im Bundesrat.

Noch hat Schwarz-Gelb leichtes Spiel. Nach dem Machtwechsel in NRW in der kommenden Woche kippt die Mehrheit im Bundesrat.

(Foto: dpa)

In seiner Sitzung vor der Sommerpause tagte der Bundesrat wohl zum vorläufig letzten Mal mit schwarz-gelber Ländermehrheit. Bei der nächsten Sitzung am 24. September dürften durch den anstehenden Regierungswechsel in Nordrhein-Westfalen die Mehrheitsverhältnisse zugunsten von SPD und Grünen verändert werden. Insgesamt arbeitete der Bundesrat 83 Punkte ab.

Datenschutz: Der Datenschutz bei Internetdiensten wie Google Street View muss nach Ansicht des Bundesrates gestärkt werden. Ziel ist es, Gesichter und Kfz-Kennzeichen unkenntlich zu machen, bevor Daten ins Netz kommen. Wer fotografiert wurde, soll uneingeschränktes Widerspruchsrecht erhalten. Gleiches soll für Hausbesitzer und deren Mieter gelten, die gegen die Abbildung ihrer Wohnhäuser im Netz sind.

Jobcenter: Die Betreuung der Langzeitarbeitslosen unter einem Dach kann fortgesetzt werden. Nach dem Bundestag beschloss auch der Bundesrat eine Grundgesetzänderung. Sie ermöglicht, dass Bundesagentur für Arbeit (BA) und Kommunen wie bisher in den Jobcentern zusammenarbeiten können. Aus einer Hand können sie damit Arbeitsvermittlung, Schuldner- oder Suchtberatung, Weiterbildung, Hilfe bei der Kita-Suche und anderes anbieten.

Pharma-Zwangsrabatt: Der erste Teil des Pharmasparpakets kann zum 1. August in Kraft treten. Zur Eindämmung der ständig steigenden Arzneimittelausgaben billigte der Bundesrat die vom Bundestag bereits beschlossene Anhebung des Hersteller-Zwangsrabatts von 6 auf 16 Prozent. Außerdem werden die Arzneimittelpreise bis Ende 2013 eingefroren.

Personalausweis: Geplante Ermäßigungen für den neuen elektronischen Personalausweis soll es nicht geben. Die Länder sprachen sich dagegen aus, dass das Dokument für Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren kostenfrei sein soll. Für unter 24-Jährige soll der Ausweis nach dem Willen der Länder 22,80 Euro kosten und nicht wie vorgesehen 19,80 Euro. Der Ausweis im Scheckkartenformat soll am 1. November eingeführt werden.

Stipendien und Bafög: Das umstrittene Stipendienprogramm ist beschlossen. Ziel ist, den Anteil der geförderten Studenten von zwei auf zehn Prozent zu erhöhen. Die Stipendien sollen 300 Euro monatlich betragen und einkommensunabhängig vergeben werden. 150 Euro sollen private Geldgeber beisteuern, 150 Euro der Staat. Weil der Bund den staatlichen Anteil nun alleine tragen will, stimmten die Länder zu. Beim Bafög muss im Vermittlungsausschuss eine Lösung gefunden werden. Geplant ist eine leichte Anhebung der Sätze zum Herbst, der Höchstbetrag soll von 648 auf 670 Euro steigen. Die Länder wollen, dass der Bund die Mehrkosten ausgleicht.

Solarförderung: Wer bis 1. Oktober eine Solaranlage auf seinem Dach montiert, erhält etwas mehr Geld als ursprünglich geplant. Die von Union und FDP beschlossene Kürzung der Förderung beträgt bis dahin nur 13 Prozent. Danach sind es die ursprünglich geplanten 16 Prozent. Bei Anlagen auf Freiflächen werden zunächst nur zwölf statt 15 Prozent gekürzt, auf ehemals industriell oder militärisch genutzten Flächen acht statt elf Prozent. Ab Oktober gilt auch hier die Kürzung in voller Höhe.

Wehr- und Zivildienst: Der Grundwehrdienst und der Zivildienst werden von neun auf sechs Monate verkürzt. Die Regelung gilt erstmals für Wehr- und Zivildienstleistende, die ihren Dienst am 1. Juli antraten. Der Zivildienst kann künftig freiwillig um drei bis maximal sechs Monate verlängert werden.

Manager-Boni: Bonuszahlungen für Banker und Manager von Versicherungen können künftig begrenzt und schärfer kontrolliert werden. Das Vergütungssystem soll sich stärker auf den längerfristigen Erfolg eines Unternehmens ausrichten und eingegangene Risiken besser berücksichtigen. Unangemessen hohe Bonuszahlungen können verhindert werden.

Hochspekulative Finanzgeschäfte: Bestimmte Arten hochspekulativer Finanzgeschäfte sind in Deutschland künftig untersagt. Der Bundesrat billigte ein Verbot so genannter ungedeckter Leerverkäufe deutscher Aktien und Staatsschuldpapiere der Euro-Zone. Auch Versicherungen auf Kreditausfallrisiken von Euro-Staaten werden verboten, sofern sie nicht der Absicherung konkreter Schuldtitel dienen.

Schöffen: Schöffen müssen die deutsche Sprache ausreichend beherrschen. Die Länder billigten eine entsprechende Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes. Danach darf das Schöffenamt künftig nur noch ausüben, wer ausreichend deutsch kann, um der Hauptverhandlung zu folgen. Das Schöffenamt konnte bisher jeder erwachsene deutsche Staatsangehörige ausüben.

Rettungsfahrzeuge: Das Fahren von Rettungsfahrzeugen soll erleichtert werden. Die Länder wollen eine Sonderfahrberechtigung für Fahrzeuge bis 7,5 Tonnen. Dafür sollen der Führerschein Klasse B sowie eine Einweisung und Prüfung innerhalb der betreffenden Organisation ausreichen. Grund ist der zunehmende Mangel an Fahrern bei Freiwilligen Feuerwehren, Rettungsdiensten, Technischem Hilfswerk und Katastrophenschutz. Der Gesetzentwurf wurde der Bundesregierung zugeleitet.

Schnaps: Die deutschen Kleinbrenner können auch in diesem Herbst selbsterzeugtes Obst zu Schnaps brennen und dafür staatliche Beihilfen erhalten. Der Bundesrat beschloss eine Übergangsregelung, weil Ende September nach geltendem EU-Recht auch die nationalen Brennrechte auslaufen. Eine Anschlussregelung auf europäischer Ebene ist erst ab Januar 2011 vorgesehen.

Waldgesetz: Ein neues Waldgesetz bringt mehr Rechtssicherheit für Waldbesitzer und Waldbesucher. So können Waldbesitzer sogenannte Schnellwuchsplantagen oder Bäume zur Energieerzeugung anpflanzen, ohne befürchten zu müssen, dass solche Flächen rechtlich als Wald angesehen werden. Dies erleichtert die Vermarktung. Für Spaziergänger wird klargestellt: Wer den Wald als Erholungsraum nutzt, tut dies in eigener Verantwortung: Ein herabfallender Ast gilt als "waldtypische Gefahr".

 

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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