Hamburg, Nürnberg, Berlin Vom Protest zum Krawall
01.05.2008, 08:29 UhrAm Rande von rechtsextremen Aufmärschen in Nürnberg und Hamburg ist es zu teils heftigen Auseinandersetzungen zwischen Gegendemonstranten und Polizei gekommen. In Berlin ist es am Abend nach anfänglicher Ruhe doch noch zu den befürchteten Ausschreitungen gekommen.
In der Hansestadt standen am Nachmittag mindestens fünf Autos in Flammen, wie die Polizei berichtete. "Die Lage ist unübersichtlich", sagte ein Sprecher. Zu dem Protest im Hamburger Arbeiterviertel Barmbek hatten sich nach Angaben der Veranstalter etwa 10.000 Teilnehmer versammelt, die Zahl der Rechtsextremen wurde zuletzt auf rund 1100 geschätzt. Müllcontainer brannten, Menschen wurden verletzt. Zuvor waren Wasserwerfer eingesetzt worden, um der Demonstration der NPD und anderen Rechtsextremisten den Weg zu bahnen. Die Polizei war mit mehreren Hundertschaften im Einsatz.
Weniger Stress im Nürnberg
Weitgehend friedlich, aber in aufgeheizter Stimmung demonstrierten in Nürnberg knapp 10.000 Menschen gegen die zentrale Mai-Kundgebung der rechtsextremen NPD. Bei ihrem mehrstündigen Zug wurden die insgesamt etwa 1500 Rechten mit Pfeifkonzerten und Buhrufen empfangen. Bei einer NPD-Abschlusskundgebung warfen Gegendemonstranten vereinzelt Eier, Flaschen und Milchtüten auf die Extremisten.
Mehrere Linke wurden bei Schlagstockeinsätzen der Polizei leicht verletzt, wie eine Mitarbeiterin der dpa beobachtete. Die zumeist schwarz gekleideten Demonstranten hatten versucht, die Polizeikette zu durchbrechen, um den NPD-Aufmarsch zu stoppen. Die Nürnberger Polizei sprach von vier verletzten Beamten. Linke Demonstranten hätten Steine und Feuerwerkskörper geworfen.
Merkwürdiger Auftritt in Kreuzberg
Bei einer Demonstration in Kreuzberg mit nach Polizeiangaben mehreren tausend Teilnehmern kam es gegen 20.30 Uhr zu Krawallen, nachdem Polizeipräsident Dieter Glietsch aufgetaucht war. Autonome machten Jagd auf Glietsch und bewarfen ihn mit Flaschen und Steinen. Der Polizeipräsident wurde daraufhin von Personenschützern in Sicherheit gebracht und mit einem Kastenwagen der Polizei weggefahren. Die Autonomen bewarfen daraufhin auch den Wagen mit Flaschen, Steinen und Stühlen. Weshalb Glietsch an dem symbolischen Ort der traditionellen Krawalle auftauchte ist unklar.
In der Hauptstadt kommt es seit 1987 rund um die Feierlichkeiten zum 1. Mai zu Gewaltausbrüchen. In diesem Jahr war es aber in der Nacht zum Maifeiertag und auch am Tag selbst zunächst weitgehend ruhig geblieben.
NPD-Aufmarsch blockiert
In Hamburg mussten die NPD-Anhänger von ihrer ursprünglich vorgesehenen Route abweichen, da diese von den Gegendemonstranten besetzt worden war. Schon die Anreise der Rechten war durch brennende Reifen am S-Bahn-Gleis gestört worden. Am Vorabend hatte die Polizei im linken Szeneviertel an der Sternschanze im Zusammenhang mit Steinwürfen auf Beamte vier Menschen in Gewahrsam genommen. Bei den Auseinandersetzungen wurden die Scheiben einer Sparkasse zerstört.
"Nazi-Bande" unerwünscht
Angesichts der Aufmärsche von Rechtsextremen am 1. Mai forderten SPD und Gewerkschaften erneut ein Verbot der NPD. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, sagte bei der zentralen Mai-Kundgebung in Mainz: "Es ist nicht hinnehmbar, dass Justiz und Verwaltungen nicht in der Lage sind, Nazi-Provokationen an unserem 1. Mai zu verhindern." SPD-Chef Kurt Beck erklärte: "Alt- und Neonazis darf kein Raum für ihre menschenverachtende Ideologie gelassen werden." Beide erinnerten daran, dass die Nazis am 2. Mai vor 75 Jahren die freien Gewerkschaften zerschlagen hatten.
Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU), der in seiner Heimatstadt Nürnberg mit tausenden Bürgern gegen die NPD protestierte, bekräftigte die Entschlossenheit seiner Landesregierung bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus: "Wir wollen die Nazi-Bande hier nicht haben", rief er.
Die evangelische Bischöfin Maria Jepsen erklärte, es sei nicht hinzunehmen, dass die NPD Menschen mit Migrationshintergrund aus Gesellschaft und Arbeitswelt drängen wolle. "Das nehmen wir nicht hin. Das darf in Hamburg und Deutschland nie mehr geschehen."
Quelle: ntv.de