Aufregung um Testkäufer Von der Leyen unter Feuer
15.10.2007, 17:05 UhrAuch nach Rücknahme des Testkäufer-Gesetzes halten SPD und Opposition Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) unter Beschuss. Die SPD-Spitze begrüßte den Stopp der Pläne des Familienministeriums, jugendliche Testkäufer im Kampf gegen den illegalen Verkauf von Alkohol, Zigaretten und Gewaltvideos einzusetzen.
Zugleich sagte Generalsekretär Hubertus Heil, von der Leyen habe nicht sauber gearbeitet. "Mich erinnert das ein bisschen an das Vorgehen der Minister Schäuble und Jung, nämlich Dinge in die Welt zu setzen, die dann nicht Realität werden."
"Erbärmliches Rechtsstaatsverständnis"
Grünen-Chefin Claudia Roth nannte das Vorhaben des Familienministeriums "abenteuerlich". Jugendliche als Hilfssheriffs der Ordnungsämter einzusetzen sei ein Missbrauch, so Roth. Von der Leyen habe ein "erbärmliches Rechtstaatsverständnis".
Mit ihrem Versuch, den Staat zur Überwachungsmaschinerie auszubauen, sei sie eine gelehrige Schülerin von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble. Sie habe sich offenbar keine Gedanken darüber gemacht, welches Einstellungen bei den Jugendlichen eingeübt würden, die als "Lockspitzel" eingesetzt würden, so Roth.
Experte für Testkäufer-Plan
Unterstützung erhielt von der Leyen von Fachleuten. Der Kriminologe Christian Pfeiffer sagte der "Süddeutschen Zeitung", von der Leyens Plan sei "klar der richtige Weg" und "effektiver Kinderschutz".
Die Ministerin hatte geplant, den Einsatz von Testkäufern zwischen 14 und 18 Jahren zu erlauben. Im Beisein von Amtspersonen sollten sie Händler überführen, die gegen das Verkaufsverbot für Schnaps, Zigaretten und Gewaltmedien an Minderjährige verstoßen.
Bei Gewaltmedien sind Testkäufe im Behördenauftrag schon heute möglich. Nun sollte per Gesetz geregelt werden, dass erwachsene Amtspersonen keine Ordnungswidrigkeit begehen, wenn sie Jugendlichen den Auftrag zum Testkauf jugendgefährdender Produkte geben, erläuterte eine Sprecherin des Justizministeriums. Ob Testkäufe gemacht werden, wäre aber Länder-Sache gewesen.
Rückzug am Sonntagabend
Von der Leyen hatte ihren Vorschlag am Sonntag nach heftiger Kritik der Öffentlichkeit und nach Rücksprache mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zurückgezogen. "Die Diskussion wird sehr, sehr emotional geführt. Wir haben gesehen, dass es auf dieser Ebene keinen Sinn macht, die Testkäufe weiter voranzutreiben", erklärte ihr Ministerium am Montag.
Ein "Runder Tisch" mit Ländervertretern, Kommunen sowie Kinder- und Jugendschutzverbänden soll nun im November klären, welche Maßnahmen gegen das grassierende "Kampf-Trinken", das Rauchen im Kindesalter oder den Verkauf von PC-Killerspielen geeignet sein könnten. Dann soll auch das Thema Testkäufer auf der Tagesordnung stehen.
Quelle: ntv.de