Streit erstmal vom Tisch Vorerst keine Laufzeiten-Auktion
14.07.2010, 16:03 Uhr
(Foto: dpa)
Eine Versteigerung von längeren Laufzeiten für Atomkraftwerke kommt für die Bundesregierung derzeit doch nicht in Betracht. Mit einer solchen Maßnahme seien Probleme verbunden, die in der Kürze der Zeit nicht zu lösen seien, erklärten die Minister für Umwelt und Wirtschaft, Norbert Röttgen (CDU), und Rainer Brüderle (FDP). Röttgen selbst hatte eine Auktion ins Gespräch gebracht und damit für Aufsehen gesorgt.
Das Bundesumweltministerium hatte bestätigt, dass Röttgen eine Versteigerung von Betriebslizenzen für Atomkraftwerke im Zuge der von Schwarz-Gelb geplanten Laufzeitverlängerung "ernsthaft" prüfen lassen wolle. Die Koalition will die Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke über das unter Rot-Grün 2002 im Atomausstieg vereinbarte Maß hinaus verlängern. Im Gespräch sind Varianten von zusätzlichen 4 bis 28 Jahren. Im Gegenzug ist eine zumindest teilweise Abschöpfung der den Konzernen dabei entstehenden Gewinne vorgesehen.
Röttgen betrachte eine Versteigerung weiterhin als "interessanten Gedanken", sagte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums. Bei den anstehenden Entscheidungen zur Laufzeitverlängerung werde die Variante aber aus zeitlichen Gründen keine Rolle spielen können. Die Regierungskoalition will bis zum Herbst ein Energiekonzept vorlegen.
Keine gemeinsame Meinung
Die Idee einer Laufzeiten-Versteigerung stammt aus einem Diskussionspapier des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) vom März. Sie hatte das Interesse von Regierungspolitikern geweckt und war auch in Anhörungen der zuständigen Bundestagsfachausschüsse thematisiert worden.
In der Koalition gab es dazu geteilte Reaktionen: CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich lehnte eine Auktion in der "Passauer Neuen Presse" kategorisch ab. Der Vorschlag einer Versteigerung sei nicht unbedingt einleuchtend. Atomkraftwerke könnten so lange laufen, wie sie sicher oder bis sie durch eine bessere Energieerzeugungsform ersetzbar seien. "Die Auktionsidee sieht mir eher nach einem dieser ständigen Ablenkungsmanöver aus, um von politisch notwendigen Entscheidungen abzulenken." Dagegen sprach sich der umweltpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kauch, für eine "seriöse" Prüfung der Auktionsvariante aus.
Gewinne und Sicherheit
Opposition und Atomkraftgegner hatten eine Versteigerung von Laufzeiten bereits vehement abgelehnt und der Regierung vorgeworfen, sie ignoriere Sicherheitsaspekte. Röttgen wies die Kritik zurück: Die Sicherheitsanforderungen an Atomreaktoren würden "unabhängig von der noch zu bestimmenden Variante der Gewinnabschöpfung" festgelegt.
Der Bundesaußenminister und FDP-Bundesvorsitzende Guido Westerwelle sprach sich unterdessen gegen eine Beteiligung des Bundesrats an der Entscheidung über eine Verschiebung des Atomausstiegs aus. "Ich gehe davon aus, dass wir für die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken den Bundesrat nicht brauchen", sagte er dem "Hamburger Abendblatt". Zugleich forderte er eine "maßvolle Laufzeitverlängerung". Ob der Bundesrat gefragt werden muss, ist umstritten. SPD und Grüne wollen vor dem Bundesverfassungsgericht klagen, falls Schwarz-Gelb die Länderkammer umgehen sollte. Mit dem Regierungswechsel in NRW haben sich die Machtverhältnisse in der Länderkammer zu Ungunsten der schwarz-gelben Koalition in Berlin verändert.
Quelle: ntv.de, AFP