Verdacht konstruiert Vorwürfe gegen Steinmeier
20.01.2007, 07:28 UhrIn der Affäre um die Gefangenschaft des Deutsch-Türken Murat Kurnaz in Guantanamo fordern nun auch Politiker von Union und SPD Aufklärung. Der Vorsitzende des BND-Untersuchungsausschusses, Siegfried Kauder (CDU), sagte der Tageszeitung "Die Welt", für konkrete Vorwürfe etwa gegen Außenminister Frank-Walter Steinmeier sei es zu früh. Sollten sich die Anschuldigungen bewahrheiten, "dann kann das nicht ohne Konsequenzen bleiben". Der SPD-Außenpolitiker Niels Annen nannte die Vorwürfe "gravierend". Sie müssten geprüft werden, betonte er in der "Frankfurter Rundschau". Die Opposition hatte bereits die lückenlose Überprüfung der Angelegenheit gefordert.
Vorwürfe gegen Steinmeier
Zuvor waren Vorwürfe gegen Steinmeier laut geworden, er habe daran mitgewirkt, eine frühere Freilassung von Kurnaz zu verhindern. Dies meldeten verschiedene Medien.
Die rot-grüne Bundesregierung soll demnach die Freilassung des unschuldig im US-Gefangenenlager Guantnamo inhaftierten Türken über Jahre gezielt verhindert haben. Papiere des Auswärtigen Amtes belegen offenbar, dass auch Steinmeier als damaliger Kanzleramtschef in den Fall involviert gewesen ist.
Freilassung verhindert
Der Vize-Fraktionschef der Grünen, Jürgen Trittin, sagte der "Frankfurter Rundschau", es sei unbestritten, "dass das Bundesinnenministerium damals mit Deckung des Kanzleramts versucht hat, die Freilassung von Murat Kurnaz zu hintertreiben". Die Frage sei jetzt, wer das veranlasst habe.
"Konstruierter Terrorverdacht"
Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet unterdessen unter Berufung auf weitere vertrauliche Dokumente, die rot-grüne Regierung habe auch noch 2005 versucht, einen neuen Terrorverdacht gegen den Türken zu konstruieren.
Kurnaz war Ende 2001 in Pakistan festgenommen und nach einem Aufenthalt in einem US-Lager im afghanischen Kandahar nach Guantanamo gebracht worden. Ein Freilassungsangebot der USA nahm Deutschland im Herbst 2002 einem vertraulichen Regierungsbericht zufolge nicht an. Erst vier Jahre später kam der in Bremen geborene Türke nach einer Initiative von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) frei.
Angeblich hohe Auflagen
Der "Bild"-Zeitung zufolge hatten die USA ihre Freilassungsofferte an weitreichende Bedingungen geknüpft. So sollten die deutschen Behörden garantieren, dass Kurnaz nach seiner Rückkehr nach Bremen keine terroristischen Aktivitäten entfalten könne. Zudem sollte Deutschland gemeinsam mit Kurnaz zwei ebenfalls in Guantanamo festgehaltene Angehörige der muslimischen Uiguren-Minderheit aus China aufnehmen. Daraufhin habe die Bundesregierung das Angebot abgelehnt.
Auch die "Stuttgarter Nachrichten" berichten von strengen US-Auflagen für eine Freilassung von Kurnaz. Sowohl 2002 als auch kurz vor seiner Rückkehr 2006 habe die US-Regierung darauf bestanden, dass Kurnaz von deutschen Sicherheitsbehörden rund um die Uhr observiert werde. Die Bundesregierung habe sich dagegen einen erstklassigen Freispruch für Kurnaz gewünscht, zitierte die Zeitung einen damals angeblich involvierten SPD-Politiker. "Die Regierung wollte sich nicht jemanden ans Bein binden, der keinen deutschen Pass, sondern einen türkischen Pass hatte und der aus US-Sicht immerhin so gefährlich war, dass er 24 Stunden am Tag zu beobachten ist", zitierte das Blatt den Politiker.
Rumsfeld blockierte Freilassung
Der "Focus" berichtet unterdessen, eine Freilassung von Kurnaz sei 2003 zunächst am Einspruch des US-Verteidigungsministeriums gescheitert. In einem Schreiben vom 13. Februar 2003 habe das FBI auf die Zuständigkeit des Ministeriums verwiesen. In der Behörde des damaligen Amtschefs Donald Rumsfeld gebe es nicht die Absicht, den Häftling freizulassen. Andere US-Behörden hätten dagegen Ende 2002 der Bundesregierung signalisiert, Kurnaz sollte wegen nicht feststellbarer Schuld aus dem Gefangenenlager auf Kuba entlassen werden, berichtete das Magazin.
Quelle: ntv.de