Paris droht militärisch Waffenruhe im Tschad
05.02.2008, 14:59 UhrNach dem Scheitern ihrer Offensive in der Hauptstadt N'Djamena haben die tschadischen Rebellen eine bedingungslose Waffenruhe akzeptiert. Am zweiten Tag in Folge blieb es in N'Djamena weitgehend ruhig. "Wir wollen den Krieg beenden und einen Dialog beginnen", sagte Rebellensprecher Abderaman Koulamallah dem Sender RFI. Der tschadische Außenminister Ahmad Allam-mi erklärte bei einem Blitzbesuch in Paris, seine Regierung sei bereit zur Verständigung.
Unterdessen ist ein Großteil der Mitarbeiter der Vereinten Nationen in N'Djamena wegen der Kämpfe außer Landes gebracht worden. Sie seien zunächst in Nachbarstaaten geflogen worden, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon vor Journalisten in New York. "Wir können die Sicherheit der UN-Mitarbeiter nicht mehr garantieren", sagte Ban nach einer vertraulichen Sitzung des Weltsicherheitsrats. Das französische Militär habe die UN dabei unterstützt, sagte Ban.
Bei dem Kampf um N'Djamena sind nach Angaben des Roten Kreuzes mindestens 1000 Menschen verletzt worden. Die allermeisten waren Zivilisten. Verlässliche Angaben über die Zahl der Toten gab es zunächst nicht. Hilfsorganisationen sprachen von etwa 1000 Verletzten und 30.000 Flüchtlingen, die nach Kamerun geflohen sind. Augenzeugen berichteten von zahlreichen Leichen in den Straßen. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy schloss ein militärisches Eingreifen in der ehemaligen Kolonie nicht aus.
Frankreich will seine Pflicht tun
"Wenn Frankreich seine Pflicht tun muss, wird es das tun", sagte er. Am Vorabend hatte der Weltsicherheitsrat die UN-Mitgliedsländer in einer nicht bindenden Präsidentenerklärung dazu aufgerufen, die Regierung des tschadischen Präsidenten Idriss Dby zu unterstützen. Sarkozy interpretierte dies als "juristische Entscheidung des UN- Sicherheitsrates".
Der französische Außenminister Bernard Kouchner sagte dagegen: "Wir haben nicht vor, uns militärisch einzumischen." Die französische Regierung wies außerdem einen Vorwurf der Rebellen zurück, deren Stellungen bombardiert zu haben. Frankreich habe das Militärabkommen mit dem Tschad, dass keine Intervention vorsieht, "exakt eingehalten", betonte Kouchner. Frankreich hat im Rahmen eines Militärabkommens Soldaten im Tschad stationiert, die die tschadische Armee unterstützen. Eine Beteiligung an Kampfeinsätzen ist demnach nicht vorgesehen. Die französische Luftwaffe hatte zuletzt 2006 Stellungen der Rebellen angegriffen.
Der tschadische Außenminister Allam-mi beschuldigte den Sudan erneut, die Rebellen zu unterstützen. Sein Land sei Opfer einer "sudanesischen Aggression" sagte Allam-mi bei einem Besuch in Paris. "Wir sind bereit, die Hand auszustrecken, wenn (die Rebellen) sich nicht weiter vom Sudan instrumentalisieren lassen", fügte er hinzu. Die tschadischen Rebellen haben ihre Rückzugsbasis in der sudanesischen Krisenregion Darfur. In Kürze soll eine Vermittlungsmission aus Libyen und Kongo-Brazzaville im Tschad eintreffen.
EUFOR-Einsatz verzögert sich
Die jüngsten Kämpfe in N'Djamena stellen den Einsatz der europäischen Schutztruppe EUFOR erneut in Frage. Derzeit hält sich nur eine Vorhut von etwa einem Dutzend Soldaten in N'Djamena auf. Ein Flugzeug mit weiteren Soldaten aus Österreich wurde wegen der Kämpfe umgeleitet und landete im libyschen Tripolis. Kouchner zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass der Einsatz zum Schutz der Flüchtlinge im Osttschad "mit wenigen Tagen Verspätung" beginnen könne. "Der Einsatz ist nötiger als je", sagte er.
Unklar ist weiterhin, was aus tschadischen Oppositionspolitikern geworden ist, die nach Angaben der Rebellen von der Regierung entführt und eingesperrt wurden. "Meines Wissens ist keine politische Persönlichkeit inhaftiert worden", sagte der tschadische Außenminister. Frankreich wolle die Vorwürfe prüfen, sagte Kouchner.
Der UN-Sicherheitsrat hatte am Montagabend die Rebellenangriffe verurteilt und zur Unterstützung der Regierung Dby aufgerufen. Die Nachbarstaaten sollten zusammenarbeiten, um die Angriffe zu stoppen. Mehr als 1000 Ausländer wurden von den französischen Streitkräften aus dem afrikanischen Land ausgeflogen.
Quelle: ntv.de