Politik

"Da muss sich keiner Sorgen machen" Wahl Wulffs nicht gefährdet

Nach offenen Sympathiebekundungen aus der FDP für den Oppositionskandidaten Gauck sehen sich liberale Politiker bemüßigt, zu erklären: "Die FDP wackelt nicht." Es sei "Ehrensache", den niedersächsischen CDU-Ministerpräsidenten Wulff zum Bundespräsidenten zu wählen.

Wer zieht ein ins Schloss Bellevue?

Wer zieht ein ins Schloss Bellevue?

(Foto: REUTERS)

Trotz wachsender Kritik in den eigenen Reihen sehen führende FDP-Politiker die Wahl des niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) zum Bundespräsidenten nicht gefährdet. "Da muss sich keiner Sorgen machen", sagte Gesundheitsminister Philipp Rösler der "Neuen Osnabrücker Zeitung" auf die Frage, ob der CDU-Politiker in der Bundesversammlung an mangelnder Unterstützung der Liberalen scheitern könnte. Wulff sei "der beste Kandidat und auch menschlich sehr kompetent". Rösler sicherte dem CDU-Politiker geschlossene Unterstützung der Wahlfrauen und Wahlmänner aus Niedersachsen zu: "Das ist Ehrensache."

Auch Niedersachsens stellvertretender Ministerpräsident Jörg Bode (FDP) rechnet mit großer Unterstützung für Wulff. "Die FDP wackelt nicht", hob er hervor. Die stellvertretende FDP-Vorsitzende Cornelia Pieper sagte der "Mitteldeutschen Zeitung",  sie gehe davon aus, dass Wulff am Ende die Mehrheit in der Bundesversammlung bekommen. Vorher werde er insbesondere bei den ostdeutschen Abgeordneten für sich werben.

Vor allem ostdeutsche FDP-Politiker hatten offen Sympathie für den ehemaligen DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck bekundet. SPD und Grüne hatten den 70-Jährigen nach dem Rücktritt von Horst Köhler in der vergangenen Woche als ihren Kandidaten für die Nachfolge vorgestellt. Union und FDP hatten zuvor Wulff als ihren gemeinsamen Kandidaten präsentiert.

Offene Debatte gewünscht

Sachsens FDP-Chef Zastrow findet, man könnte ruhig über die Kandidaten diskutieren.

Sachsens FDP-Chef Zastrow findet, man könnte ruhig über die Kandidaten diskutieren.

(Foto: dpa)

Der sächsische FDP-Chef Holger Zastrow befürwortet eine offene Diskussion über beide Kandidaten. Es sei nicht nötig, sich überstürzt auf einen der Bewerber festzulegen. "Wir haben genug Zeit, um uns intensiv mit den Kandidaten auseinanderzusetzen", sagte Zastrow im Deutschlandradio Kultur. Er könne sich nicht vorstellen, dass die Koalition im Bund infrage gestellt wäre, sollte der von SPD und Grünen nominierte Joachim Gauck die Präsidentenwahl gewinnen. Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel habe selbst gesagt, dass das Amt nicht tagespolitischen Erwägungen geopfert werden dürfe.

Mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) und dem ehemaligen Bundesbeauftragen für die Stasi-Unterlagen, Gauck, gebe es zwei sehr respektable Kandidaten. Beide hätten eine intensive Auseinandersetzung mit ihren Kandidaturen verdient. "Lassen wir doch die Diskussion erst mal zu", forderte Zastrow.

Auch andere FDP-Landespolitiker hatten sich kritisch über die schnelle Nominierung des CDU-Politikers Wulff durch die schwarz-gelbe Koalition geäußert. Zastrow betonte, auch in der FDP in Berlin müsse man verstehen, dass mit Gauck "eine der zentralen Identifikationsfiguren der friedlichen Revolution von 1989" ins Rennen gegangen sei. "Er steht für den demokratischen Wiederaufbau Ostdeutschlands wie kaum ein Zweiter, und dass uns das bewegt hier in Sachsen, das kann sich ja jeder vorstellen", sagte der FDP-Landeschef.

Der CDU-Parteisoldat Wulff wird gern als "Traum aller Schwiegermütter" bezeichnet.

Der CDU-Parteisoldat Wulff wird gern als "Traum aller Schwiegermütter" bezeichnet.

(Foto: APN)

Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) nannte Gaucks Lebenswerk im "Hamburger Abendblatt" "beeindruckend". Dennoch zweifele er nicht daran, dass Wulff die Wahl gewinnen werde, fügte Tillich hinzu. "Christian Wulff ist der bessere Kandidat. Ich bin überzeugt, dass er von der Bundesversammlung gewählt wird."

Dagegen zweifelt der baden-württembergische FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke an der Unterstützung für Wulff. "Es könnte bei der Wahl schon eng werden, sagte Rülke. "Wenn man die Kritik aus den verschiedenen FDP-Landesverbänden hört, dann sieht es so aus, als ob nicht alle für Wulff stimmen werden", fügte der FDP-Politiker gegenüber der Zeitung hinzu. "Wulffs Wahl ist noch nicht durch." Er könne sich Gauck "zumindest theoretisch als einen Kandidaten fürs bürgerliche Lager vorstellen", fügte Rülke hinzu. Zugleich machte der FDP-Politiker deutlich, dass er Wulff favorisiere.

Gauck sieht "Sprachstörungen"

Der parteilose Gauck wäre ein Staatsoberhaupt aller Bürger.

Der parteilose Gauck wäre ein Staatsoberhaupt aller Bürger.

(Foto: dpa)

Gauck selbst sieht eine große Kluft zwischen Regierung und Bürgern in Deutschland. "Ich habe das Gefühl, dass wir im Moment in einer kritischen Phase in unserer Gesellschaft sind", sagte Gauck im ZDF. Er habe den Eindruck, "dass die Regierten und die Regierenden Sprachstörungen haben, dass sie oft aneinander vorbeireden oder dass die Regierten nicht mehr den Adressaten finden, an den sie sich eigentlich wenden wollen." Er werde "versuchen, die Sprachstörungen ein bisschen zu beheben" - unabhängig von seiner Funktion.

Auf die Frage, ob seine Wahl eventuell das Ende der derzeitigen schwarz-gelben Regierungskoalition nach sich ziehen könne, sagte Gauck, er denke derzeit "nicht so weit". Er gab zu verstehen, dass ein Wahlerfolg angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung nicht auf Anhieb zu erwarten sei. Allerdings wäre es nach Gaucks Worten auch "nicht ein Krankheitszeichen", wenn diese Wahl gelingen sollte.

Quelle: ntv.de, rtrs/dpa/AFP

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