Rösler stellt Reformpläne vor Wahlfreiheit für Demenz-Pflege
14.04.2011, 16:44 Uhr
Gesundheitsminister Rösler stellt seine Pläne zur Reform vor.
(Foto: dpa)
Die Pflege altersverwirrter Menschen soll durch die Wahlfreiheit der Versicherten verbessert werden. Gesundheitsminister Rösler will es Angehörigen überlassen, ob sie konkrete Leistungen oder Zeitkontingente in Anspruch nehmen wollen. Außerdem soll die Wohnsituation Demenzkranker verbessert werden.
Familien von Altersverwirrten sollen nach dem Willen von Gesundheitsminister Philipp Rösler künftig stärker zwischen einzelnen Hilfen bei der Pflege wählen können. Die 1,2 Millionen Demenzkranken und ihre Angehörigen könnten dann aussuchen, ob sich ein Pflegedienst um Haushalt und ums Waschen kümmert oder ob er beispielsweise eine halbe Stunde kommt, die man dann nach Belieben etwa auch für Gespräche nutzen kann.
Darüber hinausgehende Verbesserungen für die stark steigende Zahl der Dementen sind mit der Pflegereform geplant, die Rösler bis zur Sommerpause in Eckpunkten vorlegen will. Er kündigte nach einem Spitzentreffen mit Branchenvertretern ein "großes Pflegejahr 2011" an.
Über Umfang und Finanzierung gibt es aber noch keine Klarheit. Zudem braucht die Umsetzung einer umfassenden Lösung für die Demenzkranken auch nach einem Beschluss laut Rösler Zeit. Sozialverbände dringen auf rasche Verbesserungen. Vorschläge von Experten im Auftrag der Regierung liegen bereits seit Anfang 2009 vor.
Soll statt kann
Der geistige und seelische Zustand der Demenzkranken müsse besser berücksichtigt werden, sagte Rösler. "Wir schlagen deshalb vor, dass man künftig als Versicherter wählen kann zwischen den Leistungskomplexen und Zeitkontingenten, die man selber inhaltlich ausfüllen kann."
Der FDP-Politiker sprach sich zudem dafür aus, die unterschiedlichen Wohnformen für alte Menschen zu stärken. Die Pflegekassen sollten mit den Leistungserbringern dazu spezielle Verträge abschließen. Dies sei auch heute schon möglich, werde jedoch kaum genutzt. Rösler erwägt nach eigenen Worten, aus der Kann- eine Soll-Vorschrift zu machen.
Zahl nimmt deutlich zu
Berechnungen zufolge wird sich die Zahl der Demenzkranken von 1,2 Millionen bis zum Jahr 2060 auf 2,5 Millionen mehr als verdoppeln. Bereits im Jahr 2030 werden demnach 1,8 Millionen Menschen in der Bundesrepublik dement sein.
Die Neuerungen bei der Betreuung Demenzkranker sind Teil der Pflegereform, die Rösler auf mehreren Expertenrunden mit Branchenvertretern errötert hat. Dabei ging es zuletzt um den Fachkräftemangel in der Branche, eine bessere Unterstützung der Angehörigen und das Thema Entbürokratisierung. Bis zur Sommerpause will der Minister Eckpunkte für seine Reform vorlegen, die dann in einen Gesetzentwurf münden sollen. Rösler dämpfte allerdings Erwartungen an einen umfassenden Ausbau der Leistungen in der Pflegeversicherung. "Nicht alles, was wünschbar ist, wird am Ende auch finanzierbar sein", sagte der Minister.
Als künftiger FDP-Chef steht Rösler unter besonderem Druck, das Versprechen einer Reform mit zahlreichen Verbesserungen für die Bürger in der Koalition auf die Beine zu stellen.
Hospiz-Stiftung fordert Demenzplan
Die Sozialverbände fordern ein Ende der Ungleichbehandlung von körperlich Kranken und dementen oder psychisch Kranken. "Es ist eine eklatante Benachteiligung, dass Menschen mit Demenz trotz ihres hohen Betreuungs- und Hilfebedarfs keine oder nur eine niedrige Pflegestufe erhalten", kritisierte die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Ulrike Mascher. Es sei nicht mehr zeitgemäß, die Auszahlung von Pflegegeld an das Vorliegen einer Pflegestufe zu koppeln, die nur bei körperlichen Einschränkungen zuerkannt werde und somit Menschen mit Demenz ausklammere.
Der Präsident des Sozialverbandes Deutschland (SoVD), Adolf Bauer, forderte eine "gesamtgesellschaftliche Allianz" gegen Demenz. Die Deutsche Hospiz Stiftung verlangte einen Demenzplan 2020 und verpflichtende Zielvorgaben für Krankenkassen, Kliniken, Pflegeeinrichtungen und Ärzte. Dazu gehöre, dass bis 2014 die am besten qualifizierten Pflegekräfte bei den Demenzkranken eingesetzt würden.
Laut Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) leidet in Deutschland jeder Vierte über 85 Jahre und jeder Dritte über 90 Jahre an Demenz. Es sei davon auszugehen, dass der steigende Pflegebedarf auch zu einem steigendem Mittelbedarf führen werde, betonte GKV-Sprecher Florian Lanz. "Wie hoch die Kosten werden, hängt davon ab, was die Pflegeversicherung künftig bezahlen soll."
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts