Atomgespräche werden reaktiviert Westen akzeptiert Irans Angebot
06.03.2012, 15:19 Uhr
Ashton hat ihre Botschaft bereits an Teheran übermittelt.
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Die internationale Gemeinschaft will "so rasch wie möglich" mit der Regierung in Teheran über das iranische Atomprogramm verhandeln. Doch Israels Ministerpräsident Netanjahu droht im Hinblick auf eine militärische Intervention: "Niemand kann es sich erlauben, länger zu warten". Sein Finanzminister fordert die USA zur Hilfe auf
Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Kriegsrhetorik vor allem in Israel hat der Westen ein Dialog-Angebot des Irans angenommen. Die Atomgespräche der islamischen Republik mit den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates und Deutschland könnten reaktiviert werden, schrieb die Außenpolitik-Beauftragte der Europäischen Union (EU), Catherine Ashton, an den iranischen Chefunterhändler Said Dschalili. Sie habe im Namen der Gruppe der sechs Staaten das Angebot des Irans vom 14. Februar angenommen, erklärte Ashton in Brüssel. Sie hoffe auf einen konstruktiven Dialog.
Die Gesprächsrunde des Irans mit den USA, Großbritannien, Frankreich, Russland, China und Deutschland ist seit etwa einem Jahr ausgesetzt. Seither verschärfte der Westen ihre Sanktionen gegen Teheran drastisch. Zudem gibt es derzeit Unstimmigkeiten zwischen Israel und den USA über mögliche militärische Angriffe auf die iranischen Atomanlagen. Während die USA für eine diplomatische Lösung plädieren, wird die Tonlage in Israel diesbezüglich zusehends schärfer.

Einig oder nicht? US-Präsident Barack Obama und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.
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Der Westen hatte zunächst zurückhaltend auf die Offerte aus Teheran reagiert, da der Iran parallel zu seinem Gesprächsangebot sein Atomprogramm aktiv weiterverfolgt und vor allem die Urananreicherung ausgebaut hat. Mit der Verlagerung von Atomanlagen in befestigte unterirdische Bunkeranlagen schürt der Iran zudem den Verdacht, eine militärische Nutzung dieser Technik zu betreiben.
Israel und USA uneins
Die Debatte zwischen Israel und den USA über mögliche militärische Optionen in dem Streit hielt indes an. "Als Ministerpräsident Israels werde ich mein Volk nicht im Schatten der Vernichtung leben lassen", sagte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu. Israel habe darauf gewartet, dass diplomatische Bemühungen und die Sanktionen gegen den Iran Wirkung zeigten. "Niemand von uns kann es sich erlauben, viel länger zu warten", sagte er.
Zuvor hatte Netanjahu mit US-Präsident Barack Obama über den Iran gesprochen. Dabei bekräftigte Obama sein Eintreten für eine diplomatische Lösung. Zuvor hatte er jedoch auch ein militärisches Eingreifen nicht ausgeschlossen. Wenn für die USA "alle Optionen" auf dem Tisch lägen, verfolge Israel "genau dieselbe Politik", sagte Netanjahu später. Eine "Einkapselung" sei aber "keine Option".
Israels Finanzminister Juval Steinitz, ein enger Vertrauter Netanjahus, kritisierte die Haltung Obamas im israelischen Rundfunk unverblümt. "Seit vier Jahren hören wir immer nur, dass alle Optionen auf dem Tisch liegen, es ist Zeit, das zu ändern", sagte er und forderte, dem Iran ein Ultimatum zu stellen. Wenn dieses verstreiche, sollten "die Amerikaner eine Luft- und Seeblockade" des Irans durchsetzen oder militärisch eingreifen.
Palästinenser kritisieren Netanjahu
Der palästinensische Unterhändler im Nahost-Friedensprozess, Sajeb Erakat, kritisierte in Ramallah, Netanjahu sei "mit einem Kriegs- und nicht mit einem Friedensplan nach Washington gefahren". "Es ist nicht nötig, Angst zu schüren, weil sie die Quelle der Instabilität in der Region ist", sagte Erakat. Der "Schlüssel zum Frieden, zur Stabilität und zum Wohlstand" im Nahen Osten sei "die Austrocknung des Sumpfs der israelischen Besatzung".
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz, zeigte sich zuversichtlich hinsichtlich einer diplomatischen Lösung. "Es gibt Signale aus dem Iran, dass man an den Verhandlungstisch zurückkehren will", sagte er. Der Iran komme angesichts der Sanktionen immer mehr "an den Punkt, wo sich die Kosten, die politischen, die moralischen, vor allen Dingen auch die ökonomischen Kosten dramatisch erhöhen", sagte Polenz.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP