Gespräche über Truppenabzug und Demokratie Westerwelle besucht Afghanistan und Pakistan
08.06.2013, 15:05 Uhr
Westerwelles Besuch in Kabul war sein siebter seit Amtsantritt.
(Foto: dpa)
Bei einer Reise nach Afghanistan spricht Bundesaußenminister Westerwelle mit Präsident Karsai über den geplanten Abzug der Bundeswehr. Anschließend trifft er in Islamabad den neuen pakistanischen Premierminister Sharif.
Bei seinem Besuch in Kabul hat Bundesaußenminister Guido Westerwelle eine skeptische Beurteilung der aktuellen Situation in Afghanistan abgegeben. "Die Lage in Afghanistan ist unverändert sehr schwierig", sagte Westerwelle nach einem Gespräch mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai. Bei dem Treffen ging es unter anderem um die für das kommende Jahr geplante Präsidentschaftswahl in Afghanistan, den innenpolitischen Aussöhnungsprozess und die weitere Zusammenarbeit nach dem Abzug der Kampftruppen.
In Kabul stellte Westerwelle weitere deutsche Unterstützung in Aussicht, mahnte aber zugleich demokratische Fortschritte an. Dazu gehöre auch eine "glaubwürdige Ausrichtung" der Präsidentenwahl im April 2014, bei der über Karsais Nachfolge entschieden wird.
Der Bundesaußenminister forderte die afghanische Regierung zu weiteren Reformen auf - etwa im Kampf gegen Korruption, beim Aufbau des Rechtsstaats und bei der innenpolitischen Versöhnung. Westerwelle betonte: "An unseren Plänen für den Abzug der deutschen Kampftruppen halten wir auch angesichts einer schwierigen Lage konsequent fest."
Bundeswehrsoldaten bleiben gefährdet
Bis Ende 2014 sollen die letzten Einheiten Afghanistan verlassen haben. Von den derzeit noch mehr als 4200 deutschen Soldaten sollen dann maximal 600 bleiben - zur Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte. Aber noch gibt es dafür keine formale Bitte der Afghanen, zu bleiben. Und noch fehlt auch ein Truppenabkommen, das den deutschen Soldaten wie bisher die Immunität vor dem afghanischen Rechtssystem garantiert.
Hinzu kommt, dass auch die Sicherheitslage wieder gefährlicher wird. Anfang Mai wurde erstmals wieder ein deutscher Soldat im Einsatz getötet. Insgesamt starben nun schon 54 Bundeswehr-Angehörige am Hindukusch. Westerwelle warnte, dass es "weitere Rückschläge" geben werde. "Da macht sich niemand etwas vor." Am gleichen Tag waren bei Angriffen auf Angehörige der internationalen Afghanistan-Schutztruppe Isaf mindestens drei Soldaten und ein ziviler Mitarbeiter ums Leben gekommen.
Aus Sicherheitsgründen war der Besuch bis zur Ankunft geheim gehalten worden. Der Außenminister ist seit annähernd einem Jahr das erste Mitglied der Bundesregierung, das den afghanischen Staatschef sieht. Seit einiger Zeit geht der Westen zunehmend auf Distanz zu Karsai, der für fehlende Fortschritte bei der Demokratisierung des Landes und Korruption mitverantwortlich gemacht wird. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bei ihren beiden jüngsten Afghanistan-Besuchen demonstrativ auf ein Treffen verzichtet.
Westerwelle reist weiter nach Pakistan
Gleich nach dem Drei-Stunden-Aufenthalt in Kabul flog der FDP-Mann ins Nachbarland Pakistan weiter, dass seit kurzem einen neuen Prmierminister hat: Nawaz Sharif. Für viele Experten hängt das Schicksal beider Länder eng miteinander zusammen. Im internationalen Diplomaten-Slang werden Afghanistan und Pakistan knapp "Afpak" genannt. Das gemeinsame Grenzgebiet gilt als wichtigster Rückzugsraum der Taliban. Die Hoffnung ruht nun darauf, dass sich nach einem baldigen Treffen zwischen Karsai und Sharif die Beziehungen verbessern.
In der pakistanischen Hauptstadt trifft Westerwelle als erster westlicher Außenminister Sharif, der in dieser Woche vereidigt wurde. Westerwelle wolle seinen Besuch in Pakistan auch als Signal der Unterstützung für den demokratischen Erneuerungsprozess verstanden wissen, hieß es. Sharifs Amtsantritt war das Ergebnis des ersten regulären demokratischen Regierungswechsels in Pakistan seit der Staatsgründung vor 60 Jahren.
Deutschland will die Atommacht Pakistan dazu ermutigen, bessere Beziehungen zum ebenfalls atomar bewaffneten Nachbarland Indien zu suchen, mit dem es sich mehrere Grenzkriege geliefert hatte. Westerwelle will sich zudem für einen erleichterten Marktzugang für pakistanische Waren im Westen aussprechen. Die Wirtschaftspolitik war eines der Schwerpunktthemen im Wahlkampf von Sharif, der auf eine Karriere als Unternehmer zurückblickt.
Quelle: ntv.de, dpa