Rösler gilt als Favorit für Nachfolge Westerwelle gibt FDP-Vorsitz ab
03.04.2011, 20:56 Uhr
Westerwelle steht seit zehn Jahren an der Spitze der FDP.
(Foto: dapd)
Zehn Jahre war Westerwelle FDP-Chef, aber am Ende geht alles ganz schnell: Er verkündet seinen Rückzug aus der Parteispitze. Auf dem Parteitag im Mai wird er nicht mehr kandidieren. Außenminister will er aber bleiben. Neuer Parteichef wird vermutlich Gesundheitsminister Rösler. Dieser könnte ins Wirtschaftsministerium wechseln und Brüderle ablösen.
Im parteiinternen Machtkampf um die Parteiführung der FDP hat sich Guido Westerwelle geschlagen gegeben. Beim nächsten Parteitag Mitte Mai in Rostock will der 49-Jährige Platz für einen "Generationswechsel" machen. Das Amt des Außenministers will Westerwelle behalten. Den Posten als Vizekanzler ist er vermutlich aber ebenfalls los.
Als klarer Favorit für die Nachfolge gilt nun Gesundheitsminister . Nach Angaben der Zeitung "Die Welt" stehen Mehrheiten in den starken Landesverbänden Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen hinter Rösler. Auch Generalsekretär , der selbst als Vorsitzender im Gespräch ist, unterstütze ihn, berichtete das Blatt. Westerwelle sagte, der Abschied falle ihm einerseits "sehr schwer" - aber auch "leicht, weil eine ganze Anzahl von jungen Persönlichkeiten bereit steht, auch in die Führung der Partei aufzurücken und die Führung der FDP zu übernehmen".
Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel sprach von einem "Einschnitt" bei der FDP. Zugleich versicherte sie, die Zusammenarbeit von Union und FDP in der Koalition und auch die mit Westerwelle im Kabinett werde weitergehen. Zur Frage, wer für die FDP künftig den Vizekanzler stellt, äußerte sie sich nicht. Merkel dankte Westerwelle für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und betonte, dass sich der Rückzug nur auf dessen Parteiposten beziehe. Aus der Opposition kam die Forderung, dass Westerwelle auch das Auswärtige Amt verlässt.
"Gut und gründlich überlegt"
Mit seiner überraschend schnellen Erklärung setzte der FDP-Chef den tagelangen Spekulationen um seine politische Zukunft ein Ende. Nach der Rückkehr von einer Asien-Reise am Morgen ging er schließlich in Berlin vor die Presse. Ursprünglich hatte er die Entscheidung bis zu einem FDP-Spitzentreffen am 11. April hinauszögern wollen. Fragen ließ er nach seinem nur zweiminütigem Auftritt nicht zu.
"Ich habe heute eine Entscheidung getroffen, die ich mir gut und gründlich überlegt habe", sagte Westerwelle. Er sprach sich für einen "Generationswechsel" aus. Damit machte er deutlich, dass er von einer Übergangslösung mit Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger an der Parteispitze nichts hält. Die Entscheidung zur Nachfolge wird vermutlich schon an diesem Montag auf einer Präsidiumssitzung fallen. Am Dienstag soll es dann noch ein Treffen mit den Landesvorsitzenden geben. Die eigentliche Wahl findet auf dem Parteitag in Rostock statt. Dann werden auch die drei stellvertretenden Vorsitzenden neu gewählt.
Mit Spannung wird nun erwartet, ob sich Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle im Amt halten kann. Der 65-Jährige hat sich bislang als einziger der bisherigen drei Westerwelle-Stellvertreter noch nicht geäußert, ob er Parteivize bleiben will. Auch er steht seit den verlorenen Landtagswahlen in seinem Heimatland Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg massiv in der Kritik. Brüderle wird wegen seiner Äußerungen zur Atompolitik große Mitschuld am FDP-Debakel gegeben.
Ministerwechsel möglich
Spekuliert wird darüber, dass Rösler - wenn er FDP-Chef wird - Brüderle als Wirtschaftsminister ablösen und dann auch Vizekanzler werden könnte. Neuer Gesundheitsminister könnte dann der bisherige Staatssekretär Daniel Bahr werden, der auch FDP-Landeschef in Nordrhein-Westfalen ist. Fraglich ist allerdings, ob Brüderle sein Ministeramt räumen will. FDP-Bundesvize Andreas Pinkwart forderte im Fernsehsender Phoenix "eine breite Aufstellung" der Liberalen. Wünschenswert seien eine gute Mischung und ein Team, in dem auch Wirtschaftsminister Rainer Brüderle und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger einen Platz haben.
Noch vor Westerwelles Ankündigung hatte Rösler einen Kurswechsel verlangt. "Es kommt darauf an, die verlorene Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen", sagte der Gesundheitsminister der "Bild am Sonntag". "Wir müssen uns wieder mehr um die Lebenswirklichkeit der Menschen kümmern." Lindner verlangte, "mit neuen Gesichtern für Glaubwürdigkeit, Kompetenz, Respekt und Sympathie zu werben". Er betonte: "Westerwelle hat in 17 Jahren an der Spitze der FDP als Generalsekretär und Vorsitzender Großes geleistet. Als Bundesaußenminister gehört er weiter zum Team der FDP."
Westerwelle war nach den jüngsten Wahlniederlagen der Liberalen massiv unter Druck geraten. Allerdings gab es seit dem Regierungswechsel im Herbst 2009 auch zuvor schon immer wieder Kritik an seiner Arbeit als Parteichef und Außenminister. Auch in allen Meinungsumfragen liegt er auf der Beliebtheitsskala der deutschen Politiker weit hinten.
"Die FDP implodiert"
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hält derweil die Krise bei den Liberalen nicht für beendet. "Die FDP implodiert. Der Rücktritt Westerwelles ist nur das äußere Zeichen des Scheiterns bei einer Partei, die nie in der Regierung angekommen ist", sagte Steinmeier in Berlin. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles meinte, die "programmatische Leere der FDP bleibt", auch wenn Westerwelle den Platz räume.
Aus Sicht der Grünen sollte Westerwelle nicht dauerhaft Außenminister bleiben. Er habe sein Ministeramt dem Parteivorsitz zu verdanken, erklärten die Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Renate Künast und Jürgen Trittin. "Er wird das eine nicht dauerhaft bleiben können, wenn er das andere nicht mehr ist. Es geht um das Ansehen Deutschlands in der Welt." Westerwelles Rückzug sei die verspätete, aber logische Konsequenz aus der in anderthalb Jahren erwiesenen Regierungsunfähigkeit der FDP unter seiner Führung, argumentierten Künast und Trittin.
Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP/rts