Erdogan kritisiert EU Westerwelle in heikler Mission
08.01.2010, 09:42 UhrDer türkische Ministerpräsident Erdogan weist beim Besuch von Bundesaußenminister Westerwelle erneut Vorschläge aus der EU für eine Anbindung der Türkei ohne Vollmitgliedschaft als inakzeptabel zurück.
Sein Land werde sich nicht mit einer "halben Mitgliedschaft" zufrieden geben, sagte Recep Tayyip Erdogan in seinem Gespräch mit Westerwelle in Ankara, wie türkische Medien meldeten. Die Türkei werde als Mitglied der EU keine neue Lasten aufbürden, sondern Lasten übernehmen, so Erdogan. Der Regierungschef bekräftigte auch, die in EU-Staaten lebenden Türken sollten sich in die dortigen Gesellschaften integrieren. Er sei aber gegen eine "Assimilierung".
Den Berichten zufolge verwies Westerwelle bei dem Treffen mit Erdogan auf den Berliner Koalitionsvertrag, in dem sich die Regierungspartner zur Fortsetzung der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei bekennen. In dem Vertrag sei nicht von einer "privilegierten Partnerschaft" unterhalb der Beitrittsschwelle die Rede, sagte Westerwelle demnach.
Nach den politischen Gesprächen in Ankara steht ein Besuch Westerwelles in Istanbul auf dem Programm. Er will in der Millionen-Metropole auch den orthodoxen Patriarchen Bartholomäus I. treffen. Am Abend fliegt Westerwelle nach Saudi-Arabien weiter, der zweiten Station seiner sechstägigen Reise durch die Türkei und die Golf-Region.
Türkei-Diskussion in Deutschland
Unterdessen griff Grünen-Parteichef Cem Özdemir die CSU wegen ihrer ablehnenden Haltung zu einem EU-Beitritt der Türkei scharf an. Die Forderung nach einem Abbruch der Verhandlungen mit der Türkei sei "unsäglich". "Bayerische Provinzpolitiker dürfen nicht die deutsche Außenpolitik bestimmen. Die CSU sollte europapolitische Fragen denen überlassen, die mehr davon verstehen und weniger Schaden anrichten", sagte Özdemir dem "Hamburger Abendblatt".
Die Europäer führten die Beitrittsverhandlungen mit dem Ziel, die Türkei als Vollmitglied in die EU aufzunehmen, wenn sie die Voraussetzungen dafür erfülle. "Das wird noch Zeit brauchen, in der die EU den Reformprozess der Türkei unterstützen muss und nicht wie die CSU torpedieren darf", sagte Özdemir. Er selbst glaube weiter fest an den Beitritt der Türkei, "allerdings steht die Entscheidung, ob und wann die Voraussetzungen erfüllt sind, weder heute noch morgen an."
Quelle: ntv.de, dpa/AFP