Realitätsferner "kurzlebiger Komet" Wilders erleidet Wahldämpfer
03.03.2011, 12:59 UhrBeginnt der Stern des niederländischen Islamgegners Geert Wilders bereits langsam zu sinken? Der Erfolg seiner Freiheitspartei bei den niederländischen Provinzwahlen fällt nicht so überzeugend aus wie erwartet.

Bei den Provinzwahlen in den Niederlanden hat die vom Rechtspopulisten Geert Wilders gestützte Regierung einen Dämpfer erhalten.
(Foto: REUTERS)
Geert Wilders strahlt. Der Islambekämpfer mit dem hochgestylten Blondschopf mimt den Sieger. Ein "gewaltiges Resultat" nennt er das Wahlergebnis seiner Partei für die Freiheit (PVV) in der Nacht zum Donnerstag. Aus "dem Nichts" sei sie gekommen, habe sich erstmals für das Oberhaus in Den Haag in Position gebracht und werde dort mit zehn Senatoren einziehen. "Darauf bin ich unglaublich stolz!" Nüchterne Gemüter halten den Jubel für übertrieben. Manche fragen gar, ob der Stern des Anti-Islam-Populisten zu sinken beginnt.
Erste Stimmenverluste
Genau genommen, so rechnen Wahlmathematiker vor, habe die PVV ihre Ziele nicht ganz erreicht. Immerhin habe Wilders doch gehofft, mindestens zwölf und nicht nur zehn Senatoren in die für die Zukunft der von ihm gestützten Mitte-Rechts-Regierung so wichtigen Ersten Kammer des Parlaments schicken zu können. Auch dadurch habe die "Duldungskoalition" - das Minderheitskabinett aus Rechtsliberalen (VVD) und Christdemokraten (CDA) plus Wilders' PVV - die absolute Mehrheit im 75 Senatoren umfassenden Oberhaus wohl knapp verfehlt.
Deutlicher werde das Bild beim Vergleich des Gesamtanteils der PVV an den Wählerstimmen, meint die eher links orientierte Zeitung "de Volkskrant": Habe die Wilders-Partei bei den Parlamentswahlen im vergangenen Juni 15 Prozent bekommen, so hätten sich am 2. März bei den Wahlen zu den Provinzparlamenten, die über die Senatorenmandate bestimmen, noch 12 Prozent für den Islamgegner entschieden. "Es ist das erste Mal, dass seine Partei Anhänger verliert."
Rückzug des Ziehvaters
Bereits im Wahlkampf konnte man einen gewissen Realitätsverlust bei Wilders ausmachen, der mit markigen Sprüchen über den Islam als "Ideologie von Terroristen" und der Forderung nach einem Einwanderungsstopp für Muslime seine Anhänger begeistert. So brachte er in einem Interview den Machtverlust der CDU in Hamburg in einen Zusammenhang damit, dass "die Anti-Islam-Welle in der EU nicht mehr zu stoppen" sei. Und der Freiheitspartei des bislang in Deutschland überwiegend ignorierten Berliner Ex-CDU-Mann René Stadtkewitz traut er "bei den nächsten Wahlen gute Erfolge" zu.
Schwer getroffen hatte Wilders, dass sich ausgerechnet sein einstiger politischer Ziehvater kurz vor dem Urnengang öffentlich von ihm distanzierte. Der PVV-Chef sei ein "kurzlebiger Komet", sagte der frühere Verteidigungsminister und EU-Kommissar Frits Bolkenstein. Wilders' Anhängerschaft beschrieb der 77-jährige Alt-Politiker der regierenden rechtsliberalen VVD, der ansonsten ebenfalls islamkritische Positionen vertritt, als Verlierer der Gesellschaft.
Die Boulevardzeitung "De Telegraaf", die den Aufstieg von Wilders wohlwollend begleitete, verbarg denn auch nicht eine gewisse Enttäuschung über das Abschneiden der PVV: "Die Partei von Wilders hatte als Duldungspartner harte Absprachen auf dem Gebiet von Einwanderung und Sicherheit durchgesetzt. Diese Agenda könnte nun teilweise blockiert werden."
Quelle: ntv.de, Thomas Burmeister, dpa