Politik

"Werft mich ins Meer" Williamson "entschuldigt" sich

Der reaktionäre Lefebvre-Bischof Richard Williamson hat sich in einem Brief an den Vatikan für die Folgen seiner öffentlichen Leugnung des Holocaust entschuldigt - inhaltlich jedoch nichts zurückgenommen.

Das Schreiben wurde am Freitag von dem religiösen argentinischen Internetportal Panorama Catlico Internacional verbreitet. Die Anfang der Woche bekannt gewordenen Pläne von Papst Benedikt XVI., vier exkommunizierte Bischöfe, unter ihnen Williamson, zu rehabilitieren, hatten zu einem schweren Zerwürfnis mit Vertretern des Judentums geführt. Auch katholische Theologen, deutsche Bischöfe, das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sowie das britische Unterhaus hatten den Papst teilweise scharf kritisiert.

"Angesichts des schrecklichen Sturms, der durch meine unvorsichtigen Kommentare im schwedischen Fernsehen heraufbeschworen wurde, bitte ich Sie mit allem Respekt, den Ausdruck meines tief empfundenen Schmerzes wegen der von mir ausgelösten unnötigen Verunsicherungen und Probleme zu akzeptieren", schreibt Williamson nun an Kardinal Castrilln Hoyos. Für ihn habe nur die "Wahrheit" Bedeutung, schrieb er weiter.

"Werft mich ins Meer"

In einem Interview mit dem schwedischen Fernsehen hatte Williamson gesagt, den Holocaust mit Gaskammern und sechs Millionen ermordeten Juden habe es nicht gegeben. Das Schreiben endet mit einem Bibelzitat aus dem Alten Testament: "Jonas sagte: 'Werft mich ins Meer, dann wird es sich beruhigen. Ich weiß, dass dieser Sturm nur meinetwegen über euch gekommen ist'." (Jonas, 1,12)

Der aus Großbritannien stammende Williamson leitet seit 2003 ein Priesterseminar der erzkonservativen Bruderschaft Pius X. in der Nähe der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires.

Weiterer Pius-Bruder leugnet

Am Freitag wurde bekannt, dass auch ein italienischer Anhänger der Pius-Bruderschaft infrage stellt, dass die Gaskammern der Juden-Vernichtung dienten. "Ich weiß, dass die Gaskammern zur Desinfektion benutzt wurden", sagte der Leiter der Bruderschaft im italienischen Nordosten, Don Floriano Abrahamovicz, wie die Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" berichtete. Er wisse allerdings nicht, ob darin getötet worden sei, fuhr der Priester dem Bericht zufolge fort. Besonders perfide an dieser Äußerung ist, dass im Vernichtungslager Auschwitz vor den Gaskammern Schilder hingen, auf denen "Zur Desinfektion" stand.

ZdK-Präsident Hans Joachim Meyer hatte bereits vor vier Tagen erklärt, zwischen "der fortdauernden Ablehnung der Ergebnisse des Zweiten Vatikanischen Konzils durch die Traditionalisten und ihrer tief reaktionären und freiheitsfeindlichen Haltung besteht ein enger Zusammenhang". Es könne "nicht ernsthaft überraschen", dass aus dieser Gruppe nun auch noch der Holocaust geleugnet werde.

Theologen befürchten Wendepunkt

Professoren der katholischen Fakultäten Münster, Freiburg und Tübingen kritisierten den Papst für die Aufhebung der Exkommunikation der vier traditionalistischen Bischöfe. Die katholischen Theologie-Professoren der Universitäten Freiburg und Tübingen befürchten gar einen "Wendepunkt der Kirchengeschichte".

Die Entscheidung von Papst Benedikt XVI. vertiefe die "Gräben zu den Kirchen der Reformation" und laufe dem Einsatz von Christen für freiheitliche Grundrechte zuwider, heißt es in der Erklärung von zwölf Freiburger Professoren. "Es ist uns unverständlich, dass die Exkommunikation der schismatischen Bischöfe aufgehoben wurde, bevor sie grundlegende Lehraussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils akzeptiert haben." Die Traditionalisten ignorierten oder verneinten zentrale Konzilsaussagen zur Religionsfreiheit, zur Würde des individuellen Gewissens, zum universalen Heilswillen Gottes, zum gemeinsamen Priestertum aller Gläubigen und zur besonderen heilsgeschichtlichen Rolle der Juden.

Die 15 Tübinger Theologen kritisierten den Beschluss des Papstes als "Ärgernis und schwere Belastung unserer Arbeit": "Wer sich auf dem Boden des II. Vatikanischen Konzils um eine Kirche und eine Theologie bemüht, die im offenen Dialog mit der Welt und den Religionen, insbesondere dem Judentum, stehen, fühlt sich vor den Kopf gestoßen. (...) Wir befürchten, dass die Aufhebung der Exkommunikation dieser Bischöfe einen Wendepunkt in der nachkonziliaren Kirchengeschichte markiert."

"Wir sind bestürzt"

Auch nahezu die gesamte Professorenschaft der Katholisch-Theologischen Fakultät in Münster äußerte Betroffenheit. Als Professoren stünden sie fest auf dem Boden des II. Vatikanischen Konzils, schrieben in einer Erklärung 26 Theologen der Fakultät an der Universität Münster, darunter so prominente wie Johann Baptist Metz, Erich Zenger, Karl Gabriel und Dekan Alfons Fürst. "Daher sind wir bestürzt darüber, dass gerade Bischöfe, die viele dieser Grundsätze und damit zentrale Inhalte der kirchlichen Lehre explizit ablehnen, rehabilitiert werden". Joseph Ratzinger sei in den Jahren des Konzils (1962-1965) selbst Mitglied der Fakultät gewesen und habe viele der Texte entscheidend mit beeinflusst.

Die 26 aktiven und emeritierten Professoren würdigten das Bemühen des Papstes um Einheit in der Kirche. Wäre jedoch die "Großzügigkeit und Offenheit", die man jetzt gegenüber der Priesterbruderschaft St. Pius X. zeige, auch anderen Individuen und Gruppen gegenüber angewandt worden, "dann hätten viele Trennungen und Schismen wieder geheilt werden können". Die Münsteraner Theologen schreiben in Bezug auf Williamson, der Bischof dürfe nicht rehabilitiert, sondern müsse in die Schranken gewiesen werden.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen