Politik

Obama in Berlin "Wir erwarten Tausende"

In Berlin herrscht reges Treiben. Die Berliner "Demokraten im Ausland", die Democrats Abroad, sind aufs höchste gespannt und schon seit Tagen auf den Beinen. An allen wichtigen Plätzen der Hauptstadt machen sie auf den Besuch ihres Kandidaten aufmerksam. Zwischen Flyern und Luftballons, "die bis auf halbem Weg zum Mars" aufsteigen, nimmt sich Pressesprecher Jerry Gerber Zeit für ein Gespräch.

n-tv.de: Wie ist die Lage an der Siegessäule?

Jerry Gerber: Wahnsinn, um 16 Uhr werden sie kommen, Tausende von Menschen - bei dem wunderbaren Wetter und bei dem Kandidaten ...

Sie haben auf Berlins Straßen Transparente hochgehalten und Flyer verteilt. Wie haben die Berliner reagiert?

Mit viel Trauer.

Trauer?

Ja, weil die Menschen nicht wählen dürfen. Sie sind sehr begeistert von unserem Kandidaten und finden es eine Schande, dass Deutsche, Türken oder Dänen nicht wählen dürfen. Einer sagte mir, er finde es nicht richtig, dass nur Amerikaner wählen dürfen. Ich dachte, er macht einen Witz. Aber er findet, Obama sei ein Mensch für alle. Er spricht eben alle an. Er steht über den Parteien und überbrückt alle politischen Meinungen und Dimensionen. Er ist, wie man sagt, ein Mann "for all seasons", einer für alle Jahreszeiten. Das ist natürlich auch gefährlich. Denn wenn man sagt, man ist alles, dann ist man oft nichts.

Dann geben Sie den Republikanern recht, die Obama in einem Wahlwerbespot als "too good to be true" bezeichnen, als "zu schön, um wahr zu sein"?

Obama hat nie gesagt, dass er alles sein will, sondern dass er die Unterschiede in der amerikanischen Gesellschaft überbrücken will.

US-Medien warnen Barack Obama, nicht die Bodenhaftung zu verlieren. Sehen Sie die Gefahr, dass er von der Welle seiner internationalen Beliebtheit davongetragen wird?

Eher das Gegenteil. Er wird so bleiben, wie er ist. Er wird seinen Auftritt nicht nur nutzen, um sich bekannter zu machen, sondern auch um seine Thesen zu untermauern und weiterzubringen.

Welche Botschaft wird er an die Berliner richten? "Obama for Change"?

Er wird nicht nur über Wandel sprechen, sondern auch über wichtige Themen. Wir wissen es noch nicht, wir haben keinen Text.

Die Obamania ist schon in Berlin angekommen, oder?

Leute aus aller Welt begeistern sich für unsere Sache. Hier sind Leute aus Deutschland, aus Finnland oder Haiti, die für uns auf der Straße Broschüren verteilen. Nicht-Amerikaner dürfen zwar nicht wählen, aber sie dürfen einen Ballon in der Hand halten. Gerade hat ein junger Freund aus dem Berliner Westend mit einem riesigen Ballon in der Hand Interviews gegeben. Er trägt ein Obama-Shirt, er ist jung, er ist fotogen - das ist genau das Image, das wir rüberbringen wollen, etwas Neues.

Welche Bedeutung hat Berlin für Obama?

Das Image Berlins spricht viele Leute an, auch den Mann, der Präsident werden wird. Die Stadt hat durch den Kalten Krieg eine große Symbolkraft. Das gibt Obama die Möglichkeit, wichtige Impulse in der Außenpolitik zu setzen. Obama weiß, wie wichtig Berlin als Symbol des amerikanischen Versprechens ist, die Freiheit dort zu unterstützen, wo sie sich zeigt. Nicht unbedingt - das ist auch der Unterschied zu Bush - die Freiheit erzwingen zu wollen. Wir sind natürlich ganz begeistert, dass er nicht nur nach Berlin kommt, sondern sogar öffentlich hier auftritt. Es gibt aber auch ein paar wenige Leute, die das nicht schön finden.

Zum Beispiel wer?

Vielleicht die Putzfrau von Angela Merkel. Die hat wahrscheinlich gehört, dass die Kanzlerin nicht begeistert ist. Würde man sie fragen, würde sie womöglich sagen, "ich habe von meiner Chefin gehört, dass das keine tolle Sache ist, er soll nicht vor dem Brandenburger Tor sprechen".

Sind Sie sehr enttäuscht, dass er nicht am Brandenburger Tor auftritt?

Nein, aber ich finde es irgendwie doof, dass es diesen Streit gab. Dadurch bekam Obama ein falsches Image, als habe er wie ein Schauspieler auftreten wollen, um Publicity zu machen und am Ende der Veranstaltung Zwillinge zur Welt zu bringen. Aber er ist kein Brad Pitt. Er ist ein Politiker. Die anderen haben einen Schauspieler aus ihm gemacht. Dabei lohnt sich der Streit nicht. Das Brandenburger Tor ist immer noch da. Man wird es sehen zuhause am Bildschirm. Wichtig ist, dass er an einem Ort spricht, wo viele Menschen Platz haben.

Werden auch Democrats Abroad aus anderen deutschen Städten anreisen?

Sie kommen aus vielen Städten, vor allem aus München, aber auch aus Hamburg, Kaiserslautern und aus anderen Städten Europas. Und unsere Vorsitzende kommt aus Genf. Es ist wirklich schade, dass es einen Lufthansa-Streik gibt. Die Piloten sind wahrscheinlich McCain-Leute, meinen Sie nicht?

Bestimmt, auf jeden Fall. Werden Sie Gelegenheit haben, mit Obama zu sprechen?

Ich glaube nicht, er wird keine Zeit haben. Wir sind kleine Fische. Aber er weiß zu schätzen, dass wir Leute auf die Straße gebracht und Wahlkampf gemacht haben, indem wir dafür gesorgt haben, dass Amerikaner sich registrieren lassen. Wir machen uns nicht größer als wir in Wirklichkeit sind - wir wählen und wir hoffen. Und alle anderen, die hier sind, werden auch hoffen, dass er am Wahltag weit vorne liegt.

Mit Jerry Gerber sprach Nona Schulte-Römer

Quelle: ntv.de

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