Politik

Merkel und Sarkozy machen Druck "Wir fordern Ergebnisse"

Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy haben gemeinsame Mindestanforderungen an den G20-Gipfel formuliert. Merkel betonte, das Treffen in London sei einer "der entscheidenden Gipfel für die Zukunft der Welt".

Merkel forderte eine Schwarze Liste von Steueroasen, Kontrolle von Hedge Fonds und Rating Agenturen sowie Regeln für die Managervergütung. Auch muss aus Sicht von Deutschland und Frankreich sichergestellt werden, dass Banken, die Kreditforderungen verbrieft weiter verkaufen, die Geschäfte besser mit eigenem Geld unterfüttern, sollten die Darlehen nicht einzutreiben sein.

Sarkozy sagte, beim G20-Vorbereitungsgipfel im November 2008 in Washington "haben wir die Grundsätze festgelegt, in London wollen wir Ergebnisse sehen". Deutschland und Frankreich würden "mit einer Stimme sprechen", so der Präsident. "Unsere Ziele sind dieselben", betonte er: "Wir fordern Ergebnisse." Merkel mahnte, was in London nicht vereinbart werde, das werde in den kommenden fünf Jahren nicht vereinbart. "Wir können uns nicht noch ein drittes Mal treffen."

Konjunkturprogramme seien wichtig, so Sarkozy, "aber ohne eine neue Regulierung wird es keinen neuen Aufschwung geben". Die Forderung nach einer "neuen Regulierung" sei nicht verhandelbar. Mit Blick auf die Steueroasen sagte Sarkozy: "Wir brauchen eine Liste, und der Verhandlungsspielraum ist, ob die Liste sofort veröffentlicht wird oder später".

"Die Welt verändern"

Merkel erklärte, es sei notwendig, "dass wir aus dieser Krise lernen, (...) dass wir deutlich machen, dass wir unsere Lektion gelernt haben und dass wir alles (...) tun werden, dass sich diese Krise nicht wiederholt." Deutschland und Frankreich seien bereit, Länder zu unterstützen, die nicht aus eigener Kraft Konjunkturprogramme auflegen könnten, "aber das Wesentliche ist, dass wir eine neue Finanzarchitektur aufbauen".

"Wir wollen Ergebnisse", sagte auch Merkel, "wir wollen solche Ergebnisse, die die Welt verändern".

Empfang bei der Queen

Der Gipfel begann mit einem Empfang der Staats- und Regierungschefs aus den 20 wichtigsten Schwellen- und Industrieländern bei Königin Elizabeth II. im Buckingham Palast. Bei getrennten Abendessen der Staats- und Regierungschefs und der Finanzminister wurden danach die inhaltlichen Diskussionen aufgenommen.

Anders als bei anderen Gipfeln dieser Art steht die Abschlusserklärung, die am Donnerstag nach dem Ende des Treffens veröffentlicht wird, nach Angaben von Gipfelteilnehmern noch nicht. Unmut über vorliegende Entwürfe, die ihren Vorstellungen erheblich widersprachen, hatten Deutschland und Frankreich bewegt, sich kurz vor dem Gipfel noch einmal mit Mahnungen zu äußern. Sarkozy hatte sogar mit seiner Abreise gedroht.

Royal Bank of Scotland gestürmt

Schon vor Beginn des Gipfels lieferte sich die Polizei Straßenschlachten mit Demonstranten. Zunächst versuchten hunderte Protestierende, sich einen Weg in die Englische Notenbank zu bahnen. Anschließend stürmte eine Gruppe Randalierer eine nahegelegene Filiale der Royal Bank of Scotland, zerschlug Fenster, warf Gegenstände aus dem Gebäude und beschmierte die Wände. Der Polizei versuchte mit Schlagstöcken und Schutzschilden ausgerüstet, die Menge in Schach zu halten.

Ein Sprecher der Bank erklärte, in dem Gebäude sei kein Mitarbeiter gewesen. Das Gebäude sei vorsichtshalber geschlossen worden. Die Royal Bank of Scotland steht im Zentrum der Finanzkrise, nachdem sie im vergangenen Jahr einen Rekordverlust in der britischen Firmengeschichte verbucht hatte und der damalige Chef dennoch eine riesige Pension erhielt.

Am Abend kesselte die Polizei nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP mehr als 1000 aufgebrachte Globalisierungsgegner vor der Bank of England ein. Sie durften nur in kleinen Gruppen nach Hause gehen. 32 Demonstranten wurden festgenommen.

Demonstrant kollabiert

Bei den Protesten ist nach Angaben der Polizei am Abend ein Demonstrant ums Leben gekommen. Demnach war der Mann bewusstlos auf der Straße zusammengebrochen. Der Notarzt habe lediglich den Tod des Mannes feststellen können, berichteten mehrere Medien. Ein Bürger habe einen Polizisten um 19.24 Uhr (Ortszeit) verständigt, als er den Mann bewusstlos auf dem Bürgersteig liegen sah.

Als zwei Polizisten unmittelbar darauf bei dem Kollabierten eintrafen, habe der Mann nicht mehr geatmet. Bei der Rettungsaktion seien Flaschen auf die Beamten geworfen worden. Er starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Das genaue Alter des Mannes war zunächst unklar. Er soll laut Augenzeugen um die 30 Jahre alt gewesen sein.

Obama trifft Medwedew und Hu

Einen Neuanfang gab es vor dem Gipfel in den zuletzt sehr schlechten Beziehungen zwischen den USA und Russland: US-Präsident Barack Obama und sein russischer Kollege Dmitri Medwedew vereinbarten die nukleare Abrüstung wieder in Gang zu bringen. Ziel sei die deutliche "Reduzierung und Begrenzung von strategischen Offensivwaffen", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.

Auch das Verhältnis zwischen China und den USA soll besser werden. Obama und der chinesische Präsident Hu Jintao beschlossen bei einem Treffen vor Beginn des Gipfels, einen "amerikanisch-chinesischen Dialog über Strategie und Wirtschaft" zu beginnen. Die Außenminister sowie die Finanzminister beider Staaten sollen die Gespräche leiten, hieß es. Obama nahm bei der Begegnung auch eine Einladung Hu Jintaos zu einem Besuch Chinas für die zweite Jahreshälfte an.

"2009 wird ein hartes Jahr"

Nach einem Treffen mit Gastgeber Gordon Brown sprach Obama von einem "enormen Konsens", der zwischen den großen Schwellen- und Industrieländern zu Plänen bestehe, die Welt aus der tiefsten Rezession seit den 30er Jahren zu holen. Die Differenzen mit Deutschland und Frankreich über den Rang schärferer Aufsichts- und Kontrollregeln an den Finanzmärkten spielte er herunter. Auch wenn die Teilnehmer nicht in allen Fragen übereinstimmten, werde es doch zu einem hohen Maß an Gemeinsamkeiten kommen. In den Grundfragen bestehe Einigkeit, sagte Obama. Ähnlich äußerte sich auch der britische Premierminister.

Noch sei unklar, wann "die schwerste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg" überwunden werde, aber "2009 wird ein hartes Jahr", sagte Obama, für den London der erste Auftritt auf der politischen Bühne in Europa ist. Er sei gekommen sei, "um zuzuhören, nicht um zu belehren".

Quelle: ntv.de

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