Politik

Naumann will gewinnen Wirtschaft statt Kultur

Rund elf Monate vor der Bürgerschaftswahl in Hamburg hat die SPD nach schwerer Krise mit einem neuen Spitzenmann den Kampf um das Rathaus aufgenommen. Der designierte Kandidat Michael Naumann ist überzeugt, die Sozialdemokraten der Hansestadt aus der Krise zu führen und 2008 Bürgermeister zu werden. "Die Entscheidung, in dieser für die Sozialdemokratie prekären Situation anzutreten als Gegenkandidat von Ole von Beust ist mir relativ leicht gefallen", sagte der frühere Kulturstaatsminister am Donnerstag bei seiner Vorstellung. Noch am Abend wollte der Landesvorstand dem am 24. März tagenden Parteitag die Wahl des Ex-Kulturstaatsministers zum Spitzenkandidaten empfehlen.

Die Auseinandersetzungen der vergangenen Wochen habe er als einen "klassischen Familienkrach" betrachtet. "Dass die Partei sich selbst zerlegt, ist ein Irrtum", sagte Naumann. Er kündigte an, auch mit Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) in der Hansestadt Wahlkampf machen zu wollen. Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bot seine Hilfe an. "Ich werde ihn nach Kräften unterstützen", sagte er. Hamburgs CDU-Bürgerschaftsfraktion bescheinigte Naumann einen gewissen Grad an Naivität. Hoffentlich wisse Naumann, "worauf er sich eingelassen hat" sagte CDU-Fraktionschef Bernd Reinert.

Naumann sagte, die Entscheidung für sein Antreten sei sehr schnell gefallen. Nach der Einladung durch den Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Olaf Scholz, und SPD-Chef Kurt Beck habe er "das innerhalb von sechs Stunden" mit seiner Frau geklärt. Als Mitherausgeber der Wochenzeitung "Die Zeit" ist Naumann bereits beurlaubt. Er glaube, Hamburg voranbringen zu können. Er sei schließlich nicht nur Journalist und Publizist, sondern auch Geschäftsführer gewesen. "Ich habe also ein gewisse Ahnung von der Wirtschaft."

Befürchtungen, er sei als Wahlkämpfer unerfahren und kenne die Parteibasis nicht, wies er zurück. "Ich habe als Student unendlich viele Wahlkämpfe geführt -und alle verloren", sagte Naumann. Nur 1998 habe er dann mit Schröder gewonnen. Mit Blick auf die Basis sagte er: "Ich bin kein Parteiarbeiter. Das gebe ich zu. Ich muss es aber werden." Über mögliche Koalitionen der SPD in der Bürgerschaft wollte er sich nicht konkret äußern. Er sagte jedoch: "Was mir lieb ist, können Sie sich vorstellen, die Grünen."

Der aus Berlin angereiste SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte, dies sei ein "guter Tag für Hamburg und ein guter Tag für die Bundes-SPD". Die Hamburger hätten es geschafft, ihre Probleme selbst zu lösen. 2007 gebe es nur eine Wahl in Bremen. Dort sei die SPD bereits an der Regierung beteiligt. "Im nächsten Jahr 2008 geht es darum, für die SPD Land zurückzugewinnen. Und wir wollen in Hamburg anfangen, um es deutlich zu sagen." In der Hansestadt regiert derzeit die CDU mit absoluter Mehrheit.

Heil sagte, die SPD blicke nun zuversichtlich nach vorne, "wir lassen das, was die Partei gelähmt, deprimiert und auch belastet hat, mit dem heutigen Tag hinter uns". Der designierte Hamburger SPD-Chef Ingo Egloff äußerte sich ähnlich: "Wir müssen einen Neuanfang machen."

Die SPD Hamburg befindet sich seit Wochen in einer schweren Krise. Zuletzt hatte es Altbürgermeister Henning Voscherau abgelehnt, als Spitzenkandidat anzutreten. Zuvor war der gesamte SPD-Landesvorstand zurückgetreten, nachdem bei einer Mitgliederbefragung zum Spitzenkandidaten Wahlzettel verschwunden waren. Die noch amtierende Vizeparteichefin Dorothee Stapelfeldt kündigte an, dass der Skandal trotz der nun gefundenen Lösung bei der Spitzenkandidatur "rückhaltlos aufgeklärt" werde. Der Verbleib der Stimmzettel soll nun von einer Untersuchungskommission der Partei ermittelt werden.

Quelle: ntv.de

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