Rückschlag für Pflüger Wowereit bestätigt
27.04.2008, 21:44 UhrSeinen Opernbesuch sagte Klaus Wowereit (SPD) noch kurzfristig ab. Ursprünglich wollte der Regierende Bürgermeister von Berlin die Premierenvorstellung von "Jeanne d'Arc - Szenen aus dem Leben der Heiligen Johanna" in der Deutschen Oper besuchen - ausgerechnet am Abend des mit Spannung erwarteten Volksentscheids zum Flughafen Tempelhof. Der Besuch passte offenbar dann doch nicht zum Abend, aber der versäumte Musikgenuss dürfte Wowereits Freude kaum trüben: Der erste Volksentscheid in der Geschichte der Stadt scheiterte deutlicher als erwartet. Der Regierungschef entging der größten Niederlage seiner politischen Karriere.
Wowereit, der das Konfliktpotenzial im Streit um die Zukunft des weltweit ersten Verkehrsflughafens unterschätzt hatte, behielt schließlich doch recht. "Warten wir das Ergebnis ab", hatte er mehrfach in den vergangenen Tagen gesagt, als CDU, FDP und die Tempelhof-Initiative ICAT sich siegesgewiss gaben.
Für besondere Empörung sorgte Wowereit bei seinen politischen Gegnern, aber auch in Teilen des eigenen Lagers, weil er mehrfach betonte, der Flughafen werde in jedem Fall geschlossen. Auch ein erfolgreicher Volksentscheid könne ihn nicht umstimmen. Zu groß sei das rechtliche Risiko für den künftigen Hauptstadtflughafen Berlin Brandenburg International (BBI). Die abstimmenden Berliner nahmen ihm die Ankündigung offenbar aber nicht so krumm.
25 Prozent der Wahlberechtigten hätten mit Ja stimmen müssen, um den Volksentscheid zu gewinnen. In absoluten Zahlen wären das knapp 610.000 Berliner gewesen. Eine große Hürde, wenn man bedenkt, dass CDU und FDP bei der vergangenen Abgeordnetenhauswahl zusammen nur auf knapp 400.000 Wähler kamen. Obwohl 60 Prozent der Menschen in den Wahllokalen mit Ja stimmten, waren es schließlich nur rund 21 Prozent aller Wahlberechtigten - deutlich zu wenig für einen Erfolg.
Die ICAT verlangte, den Flugbetrieb auf dem innerstädtischen Flughafen fortzusetzen und nicht wie geplant Ende Oktober einzustellen. Die Diskussion hat sich jetzt erübrigt. Vom 1. November an ist das riesige Gelände, auf dem während der Berlin-Blockade Ende der 40er Jahre die "Rosinenbomber" mit Kohle und Lebensmitteln für die eingeschlossene Stadt landeten, aller Voraussicht nach kein Flughafen mehr.
Rückschlag für Pflüger
Ein großer Rückschlag ist das Scheitern des Volksentscheids für den Berliner Oppositionsführer und CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger. Auch mangels weiterer populärer Themen hatte Pflüger sich monatelang fast ganz auf Tempelhof konzentriert. Unterstützt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), einer massiven Kampagne des Springer-Verlages und vielen prominenten Wirtschaftsvertretern konnte Pflüger mit dem emotional besetzten Thema dem prominenteren Wowereit zum ersten Mal seit langem wieder Paroli bieten.
Zwar betonte Pflüger demonstrativ: "Das ist ein doller Sieg heute." Das Ergebnis sei eine "ganz klare Botschaft an Wowereit: Bewegen Sie sich!" Anderseits hatte die Tempelhof-Initiative in der offiziellen Informationsbroschüre des Landeswahlleiters geschrieben, jeder Berliner, der nicht an der Abstimmung teilnehme, stimme mit Nein. Wenn dies ernst genommen wird, fällt das Ergebnis angesichts von 1,5 Millionen Nicht-Wählern noch um einiges deutlicher aus.
von Andreas Rabenstein, dpa
Quelle: ntv.de