Hauchdünne Mehrheit Ypsilanti besteht Generalprobe
30.09.2008, 14:54 UhrHessens SPD-Chefin Andrea Ypsilanti ist ihrem Ziel eines Regierungswechsels mit Hilfe der Linken deutlich nähergekommen. Bei Probeabstimmungen in den Landtagsfraktionen von SPD, Grünen und Linken erreichte sie die Mehrheit von 56 Stimmen, die zur Ablösung der geschäftsführenden CDU-Landesregierung notwendig ist.
In der SPD unterstützten 41 der 42 Abgeordneten für Ypsilanti, teilte Fraktionsgeschäftsführer Reinhard Kahl mit. Die SPD-Abgeordnete Dagmar Metzger enthielt sich wie angekündigt der Stimme. Die Fraktionen von Linken und Grünen sprachen sich geschlossen für die SPD-Chefin aus. Die CDU tat das Ergebnis als "bestellten Beifall" für Ypsilanti ab.
"Signal der Geschlossenheit"
"Das war ein Signal der Geschlossenheit der Fraktion", sagte Ypsilanti nach der Abstimmung. "Die Partei möchte, dass wir diesen Weg gehen." Bei den Grünen stimmten alle neun, bei den Linken alle sechs Abgeordneten für das Vorhaben, die Regierung um Ministerpräsident Roland Koch (CDU) abzulösen.
Ypsilanti will sich mit Hilfe der Linken zur Ministerpräsidentin einer rot-grünen Minderheitsregierung wählen lassen. Dazu benötigt sie im Landtag 56 von 110 Stimmen. SPD, Grüne und Linken stellen zusammen 57 Abgeordnete. Die Darmstädter SPD-Abgeordnete Metzger blieb bei ihrer Weigerung, eine Zusammenarbeit mit der Linken zu unterstützen. Ihre Haltung hatte den ersten Anlauf Ypsilantis zur Regierungsbildung nach der Wahl vom Januar zunächst gestoppt.
Ypsilanti erwartet nach eigenen Worten schwierige Koalitionsverhandlungen mit den Grünen. Die beiden Parteien seien sich programmatisch nahe, aber es gebe auch Unterschiede.
Die Probeabstimmungen hatten auf Drängen der Grünen stattgefunden. "Ich kann heute feststellen, dass die SPD die notwendige Geschlossenheit hergestellt hat", sagte der Grünen-Vorsitzende Tarek Al-Wazir. 56 Stimmen seien eine "knappe, aber hinreichende Mehrheit".
Seine Partei werde bei Verhandlungen den Nachdruck auf Umweltschutz, eine Energiewende, eine bessere Bildungs- und Integrationspolitik legen. Gerade bei Streitpunkten wie dem Ausbau der Flughäfen Frankfurt und Kasel-Calden sah Al-Wazir die SPD näher bei der CDU als den Grünen.
"Katze im Sack"
Für den CDU-Fraktionsvorsitzenden Christean Wagner ist Ypsilantis Wahl zur Ministerpräsidentin aber noch nicht garantiert. "Es gibt bisher keine inhaltlichen Verabredungen zwischen SPD, Grünen und den Kommunisten." Wer über Personen abstimme, bevor Inhalte verhandelt seien, kaufe "die Katze im Sack". Ähnlich äußerte sich die FDP.
Aus Sicht der Linken-Landesvorsitzenden Ulrike Eifler steht dagegen bereits fest, "dass die Tage Rolands Kochs als geschäftsführender Ministerpräsident gezählt sind".
Nächster Schritt für Ypsilanti ist ein SPD-Parteitag am kommenden Samstag (4. Oktober), der die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit den Grünen förmlich beschließen soll. Anfang November sollen dann beide Koalitionspartner auf Parteitagen über das Ergebnis entscheiden. Die Linke will bereits am 18. Oktober auf einem Parteitag über die erforderliche Unterstützung von Rot-Grün beraten und sich anschließend in einem Mitgliederentscheid festlegen. Noch im November könnte sich Ypsilanti dann im Landtag zur Wahl stellen.
Quelle: ntv.de