NSA und die Folgen Zieht Obama wirklich Konsequenzen?
01.11.2013, 10:30 Uhr
Der Abhörskandal um Edward Snowden und die NSA sorgt in Europa für Wirbel. Die Amerikaner verstehen die Aufregung nur bedingt. Und die Geheimdienste gar nicht. Werden die USA also tatsächlich ihre Spionage-Strategie ändern?
Ja, es stimmt: Für die US-Regierung ist es momentan recht unangenehm und peinlich, den engsten Verbündeten erklären zu müssen, dass amerikanische Geheimdienste ihre Telefongespräche abgehört haben. Doch bedeutet das gleichzeitig, dass damit fortan Schluss sein wird? Man sollte sich wohl besser nicht darauf verlassen.
"Für uns ist es wertvoll, zu wissen, welche Strategien andere Länder haben, wie ihre politische Ausrichtung aussieht und welche Auswirkungen das auf eine Reihe von Dingen hat, die uns betreffen", betonte der US-Geheimdienstkoordinator James Clapper. Und dabei gehe es nicht ausschließlich um hochrangige Politiker, sondern um das, was Länder und Regierungen bewegt, was ihre Position ausmacht.
Mit diesen Worten verteidigte Clapper bei einer Anhörung im US-Kongress diese Woche das Vorgehen amerikanischer Geheimdienste. Gleichzeitig versuchten Kongressabgeordnete, eine EU-Delegation, eine deutsche Delegation und die Medien vieler Länder, mehr über Amerikas Lauschangriffe weltweit in Erfahrung zu bringen, die sich auf Freund und Feind gleichermaßen erstrecken.
Seit Monaten wird in den Medien darüber berichtet, dass der amerikanische Geheimdienst NSA massenhaft Telefonate und E-Mails auf der ganzen Welt ausspähte. Doch nun hoffen EU-Politiker, dass die USA einer Art Selbstverpflichtung zustimmen, nachdem jüngst darüber berichtet wurde, dass die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zu den 35 Staats- und Regierungschefs zählt, die ausspioniert wurden.
Deutschland gilt in Washington als wichtiger Partner. Dennoch begann die NSA angeblich bereits 2002 unter dem damaligen Präsidenten George W. Bush, Merkels Handy abzuhören - und zwar für einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren - bis zur zweiten Amtszeit Obamas im Weißen Haus. Angela Merkel rief Barack Obama an, um ihre Entrüstung über die Lauschaktion zum Ausdruck zu bringen. Es ist nicht klar, was sie dabei erfahren hat; die Öffentlichkeit jedenfalls weiß nur wenig.
Offiziell ließ das Weiße Haus verlauten, dass Merkel momentan nicht abgehört werde und dies auch in Zukunft so bleibe - allerdings wurde kein Wort darüber verloren, was in der Vergangenheit vielleicht geschehen ist. Presseberichte und selbst Erklärungen der Regierung sind widersprüchlich. Ein hochrangiger Regierungsbeamter sagte gegenüber CNN, dass Obama bis vor Kurzem nichts von der Überwachung ausländischer Spitzenpolitiker durch die NSA gewusst habe. Andere behaupten wiederum, dass der Präsident oder doch zumindest einige Mitarbeiter im Weißen Haus durchaus Kenntnis davon hatte.
Amerika denkt anders
Obwohl wir wissen, dass Obama mittlerweile auf jeden Fall Bescheid weiß, bleibt unklar, wie er weiter vorgehen wird. Der US Präsident hat zwar eine Überprüfung der Aktivitäten der NSA angeordnet , doch das ist noch lange keine Garantie dafür, dass sich etwas ändern wird. In aller Öffentlichkeit empfehlen führende Geheimdienstler sogar, dass Obama gar nichts unternehmen solle. "Eine der ersten Lektionen, die ich zu Beginn meiner Ausbildung beim Geheimdienst 1963 gelernt habe, war das Ausspionieren ausländischer Staatsoberhäupter und ihrer Absichten", so US-Geheimdienstchef James Clapper.
Die Amerikaner schockiert dies nicht sonderlich. Einer Online-Umfrage der Huffington Post zufolge halten es 49 Prozent für akzeptabel, Telefonate ausländischer Spitzenpolitiker abzuhören. Gerade einmal 32 Prozent finden diese Praxis nicht akzeptabel; weitere 19 Prozent sind unentschlossen. Angela Merkel ist in Ostdeutschland aufgewachsen - ein Land, das von der Überwachung durch die kommunistische Führung geprägt war.
Amerikas entscheidendes Moment ist dagegen nach wie vor der Terroranschlag am 11. September 2001. Selbst heute geht es bei den meisten Gesprächen zum Thema Spionage schnell darum. "In Pakistan, Afghanistan, Syrien, Irak und Nigeria sind im letzten Monat 2.336 Menschen getötet und 1.510 Menschen verletzt worden", sagte etwa NSA-Chef Keith Alexander diese Woche in Washington. "Und doch gab es in den USA seit 2001 keine größeren Terrorangriffe. Das ist kein Zufall. Sie haben nicht aufgehört, uns zu hassen. Sie haben nicht gesagt, dass alles vergeben und vergessen ist. Sie versuchen es weiterhin."
US-Präsident Obama hat die Möglichkeit, die Auslandsspionage, die sein Land betreibt, weitgehend einzuschränken. Doch man wird sehen, was er tatsächlich unternimmt, wenn der Ärger in Europa erst einmal verraucht und die Verlegenheit in den USA etwas abgeklungen ist.
Quelle: ntv.de