Politik

Afghanistan Zivile Opfer bei NATO-Angriff

Weiter Ungewissheit über das Schicksal des in Afghanistan verschleppten deutschen Bauingenieurs und der 22 ebenfalls entführten Südkoreaner. Der Krisenstab des Auswärtigen Amtes (AA) setzte seine Bemühungen um eine Freilassung des Deutschen fort. Neue Entwicklungen in dem Fall wurden nicht mitgeteilt. Derweil wollte der Sicherheitsberater des südkoreanischen Präsidenten Roh Moo Hyun, Baek Jong Chun, am Freitag mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai zusammentreffen und die Bemühungen um die Freilassung seiner Landsleute vorantreiben.

In Deutschland ging die Debatte über den Bundeswehreinsatz in Afghanistan weiter. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnte davor, die Verlängerung des deutschen Militäreinsatzes in Afghanistan von den aktuellen Entführungen abhängig zu machen. Trotz tragischer Erfahrungen wie der jüngsten Geiselnahme dürfe nicht preisgegeben werden, "was in fünf Jahren Wiederaufbau zustande gekommen ist", sagte der SPD-Politiker der in Dresden erscheinenden "Sächsischen Zeitung". Deutschland habe in Afghanistan Schulen gebaut, die Kindersterblichkeit sei drastisch gesunken, Märkte seien wieder in Gang gesetzt worden. Auch beim Aufbau und der Ausstattung der afghanischen Polizei leiste Deutschland gute Ausbildung mit hoher Qualität. "Und vor allem eins: Wir stehen zu den Menschen in Afghanistan, die auf uns zählen", fügte der Minister hinzu.

Steinmeier versicherte, im Falle des entführten deutschen Ingenieurs arbeite der Krisenstab mit Hochdruck an einer Freilassung. Die genaue Ursache für den Tod des in Afghanistan umgekommenen anderen Deutschen, dessen Leiche seit Donnerstag in Köln obduziert wird, steht noch nicht fest. Die Frage könne derzeit nicht abschließend beantwortet werden, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Martin Jäger. Ein endgültiges Untersuchungsergebnis sei frühestens Ende nächster Woche zu erwarten.

Neues Ultimatum abgelaufen

Auch das Schicksal von 22 südkoreanischen Entführten ist nach der Ermordung einer Geisel weiter ungewiss. Die südkoreanische Regierung bemühte sich nach Berichten der nationalen Nachrichtenagentur Yonhap um ein Treffen zwischen einem Sondergesandten von Präsident Roh Moo Hyun und dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai in Kabul. Am Freitag um 12 Uhr Ortszeit (0930 MESZ) war ein weiteres Ultimatum der Taliban für die Aufnahme von Gesprächen abgelaufen. Sollte die afghanische Regierung nicht acht inhaftierte Rebellen freigelassen haben, würden auch die übrigen 22 Geiseln hingerichtet, sagte Taliban-Sprecher Kari Mohammed Jussuf.

Verbesserungen beim Afghanistan-Einsatz notwendig

Steinmeier sieht beim deutschen und internationalen Einsatz Verbesserungsmöglichkeiten. So sei das Engagement bei der Ausbildung von Polizisten bisher eindeutig zu wenig gewesen. Gemeinsam mit den europäischen Partnern werde im kommenden Jahr die Zahl der ausgebildeten Polizisten daher vervielfacht. "Im Bereich der afghanischen Armee sind wir weit hinter unserem Zeitplan zurück." Nur 30.000 der versprochenen 70.000 afghanischen Soldaten stünden zur Verfügung. "Deshalb sage ich, wer immer Gewissheit gewinnen will, wie lange wir in Afghanistan bleiben müssen, muss auch bereit sein, unser Engagement in diesem Bereich so zu verstärken, dass Afghanistan die Sorge für die eigene Sicherheit in die eigenen Hände nehmen kann."

Offenbar wieder Zivilisten umgekommen

Wie örtliche afghanische Behörden mitteilten, sind bei Luftangriffen afghanischer und NATO-Soldaten erneut Dutzende Zivilisten ums Leben gekommen. Im südafghanischen Bezirk Gereschk seien in einem Dorf neben 50 mutmaßlichen Taliban 28 Zivilpersonen getötet worden – darunter Frauen und Kinder. NATO-Truppen hätten die Bewohner aufgefordert, ihre Häuser wegen der Kämpfe zu verlassen, sagte der Behördenchef des Bezirks, Abdul Manaf Chan. Die meisten Menschen seien getötet worden, als sie vor dem Bombardements geflohen seien. Die Leichen seien bereits bestattet worden, die Kämpfe dauerten noch an.

Den Angaben zufolge kam es am Donnerstagabend in der Ortschaft Kumbarak in der Provinz Helmand zu Kämpfen zwischen Aufständischen und den Streitkräften, die daraufhin Luftangriffe flogen. Die ISAF erklärte, sie gehe den Berichten nach. Ein Sprecher der in Helmand operierenden britischen Truppen bestätigte, dass es dort Kämpfe mit den Taliban gebe. Er habe aber keine Informationen über Zwischenfälle oder zivile Opfer im Gebiet Gereschk. Oberstleutnant Charlie Mayo fügte hinzu: "Da die Taliban keine Uniformen tragen wie wir, werden sie Zivilisten genannt, wenn sie tot sind. Die entscheidende Frage ist, sind es Männer oder Frauen und - wenn es Männer sind - wie alt waren sie."

Quelle: ntv.de

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