Demonstranten fordern Neuwahlen Zusammenstöße in Teheran
26.07.2009, 08:47 UhrIn Teheran ist es nach Berichten von Augenzeugen erneut zu Zusammenstößen zwischen iranischen Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen. Derweil wurde weltweit gegen das Vorgehen der iranischen Regierung protestiert.
Polizisten und Angehörige der Bassidsch-Miliz seien in Irans Hauptstadt Teheran gewaltsam gegen Hunderte Anhänger der Reformbewegung vorgegangen, berichteten die Augenzeugen. Die Demonstranten, die sich auf dem belebten Vanak-Platz versammelt hatten, hätten den Namen des Präsidentschaftskandidaten Murhossein Mussawi gerufen und eine Wiederholung der Präsidentenwahl vom 12. Juni gefordert. Mindestens zwei Demonstranten seien geschlagen und festgenommen worden.
Die Anhänger der Reformbewegung werfen der Regierung vor, das Ergebnis der Wahl gefälscht zu haben. Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad war zum Sieger der Abstimmung erklärt worden. Bei Protesten wurden im vergangenen Monat nach offiziellen Angaben 20 Menschen getötet. Die Behörden bestreiten den Vorwurf der Wahlfälschung. Mussawi will derweil eine Trauerfeier für die Opfer der jüngsten Anti- Regierungsproteste veranstalten. Wie die Nachrichtenagentur ILNA berichtete, beantragte er für den kommenden Donnerstag eine entsprechende Erlaubnis beim Innenministerium.
Weltweiter Aktionstag
Weltweit wurde am Samstag in rund 80 Städten gegen das Vorgehen der iranischen Regierung demonstriert. In Berlin protestierten nach Polizeiangaben rund 300 Personen gegen Menschenrechtsverletzungen in der Islamischen Republik. Auch in Düsseldorf und Hamburg gingen die Menschen gegen Gewalt und Unterdrückung im Iran auf die Straße. Die westlichen Regierungen wurden dazu aufgefordert, den Iran stärker zu boykottieren.
In New York demonstrierten hunderte Menschen gegen die iranische Regierung. Sie verlangten die Freilassung aller politischen Gefangenen und forderten demokratische Rechte für die Islamische Republik. Die meisten Demonstranten waren junge Exil-Iraner oder US-Bürger iranischer Herkunft. Auf dem Protestzug wurde auch eine Botschaft der iranischen Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi verlesen.
"Grundlegende Rechte mit Füßen getreten"
Zu dem weltweiten Aktionstag für Menschenrechte und Medienfreiheit im Iran hatten Amnesty International, Reporter ohne Grenzen und P.E.N. aufgerufen. Anlass ist das brutale Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte gegen die Massenproteste nach Ahmadinedschads umstrittener Wiederwahl im Juni.

Vor dem Brandenburger Tor in Berlin protestieren Exil-Iraner mit einem Hungerstreik gegen die Unterdrückung der Opposition.
(Foto: AP)
"Im Iran werden seit sechs Wochen die grundlegenden Rechte mit Füßen getreten", sagte Monika Lüke, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. Der "Frankfurter Rundschau" sagte sie, Amnesty kenne die Namen von 30 im Iran Getöteten, allerdings habe es nach "fast gesicherten Informationen" 50 bis 60 Tote gegeben. Die internationale Staatengemeinschaft müsse sich für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen und dürfe es nicht bei Lippenbekenntnissen belassen.
Opposition bittet Geistliche um Hilfe
Im Iran ist unterdessen nach Medienberichten der Sohn eines engen Verbündeten des gescheiterten Präsidentschaftskandidaten Mohsen Resai im Gefängnis ums Leben gekommen. Der 25-Jährige sei "getötet" worden, berichtete die Zeitung "Etemad" am Samstag und berief sich dabei auf eine oppositionsnahe Website. Einzelheiten zur mutmaßlichen Todesursache nannte das Blatt nicht.

Vize für ein paar Tage: Ahmadinedschad muss für seinen Vertrauten Maschaie (Foto) einen neuen Posten finden.
(Foto: dpa)
Die Oppositionsführer im Iran forderten die geistlichen Würdenträger des Landes auf, die seit Beginn der Proteste herrschende Unterdrückung durch die Behörden zu beenden. "Wir zählen darauf, dass Sie - die höchsten geistlichen Würdenträger - die Behörden an die schädlichen Konsequenzen der Nicht-Einhaltung der Gesetze erinnern", heißt es in dem Schreiben, das im Internet veröffentlicht wurde.
Ahmadinedschad lässt Maschaie fallen
Der geistliche Führer Irans, Ayatollah Ali Chamenei, rief derweil nach der Entlassung von Vize-Präsident Esfandiar Rahim Maschaie seine Landsleute zur Einheit auf. "Die Entwicklungen der vergangenen Tage sollten nicht zu Meinungsverschiedenheiten führen", sagte Chamenei in einer im Fernsehen übertragenen Rede, ohne Maschaie zu erwähnen: "Ihr solltet alle auf brüderliche Art zusammenarbeiten, um das Land voranzubringen."
Unterdessen geht der Machtkampf zwischen politischem Establishment und Opposition weiter. Im mächtigen Expertenrat macht eine konservative Mehrheit Front gegen den reformorientierten Vorsitzenden des Gremiums, Ex-Präsident Akbar Hashemi Rafsandschani. In einem von 50 der 88 Mitglieder unterzeichneten Statement wird Rafsandschani aufgefordert, seine Loyalität zum islamischen System im Iran und seine Unterstützung für den obersten Führer Ajatollah Ali Chamenei offen klarzustellen. Außerdem solle er sein Engagement für die Opposition "endgültig einstellen".
Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP