Politik

Erinnerung an Hannelore Kohl Zwei Bücher über ihr Leben und ihren Tod

Wir erinnern uns noch gut: im Sommer des vergangen Jahres meldeten die Medien den Freitod von Hannelore Kohl, der Ehefrau des Ex-Bundeskanzlers Helmut Kohl (CDU). Die Spendenaffäre hatte bereits ein schlechtes Licht auf Kohl und sein Umfeld geworfen. Viele vermuteten einen direkten oder indirekten Zusammenhang zwischen der Belastung und dem Ableben von Hannelore Kohl.

Zwei Bücher versuchen jetzt ihr Leben zu beschreiben und eine Erklärung für ihren Freitod zu geben.

Wer einem Amtsträger Druck machen will, "soll sich bitte nicht an seine Frau oder seine Kinder halten". Dies ist die Kernbotschaft des Buches von Peter Kohl über seine Mutter Hannelore. Der verhasste Druck, so erklärte er gegenüber der "Süddeutschen Zeitung", hat der Krankheit der Mutter Vorschub geleistet und jede Hoffnung auf Genesung zerstört. Peter Kohl hat das Buch "Hannelore Kohl. Ihr Leben" geschrieben, um "das Andenken der Mutter zu wahren". Es ist nach seinen Worten eine Biographie zur Erinnerung an einen geliebten Menschen, die Darstellung ihrer Lebensleistung und eine Auseinandersetzung mit ihrem Freitod.

Diese gemeinsame Veröffentlichung von Peter Kohl und der Journalistin Dona Kujacinski im Droemer Verlag erscheint zeitgleich mit einer zweiten Biographie über Hannelore Kohl von der britischen Autorin Patricia Clough unter dem ähnlichen Titel "Hannelore Kohl. Zwei Leben" (Deutsche Verlags-Anstalt). Die Bonner Korrespondentin der Zeitungen "The Times" und den "The Independent" hatte bereits zuvor eine Biographie über den ehemaligen deutschen Regierungschef veröffentlicht.

Sie sieht Hannelore Kohl als Repräsentantin einer bestimmten Generation. Geprägt von der Zeit des Nationalsozialismus habe sie unter einem großen Anpassungsdruck gestanden. "Die meisten Frauen sahen sich nicht als Individuen, die ein Recht auf Selbstbestimmung hätten", schreibt Clough.

Ihre Lebensgeschichte

Am 7. März 1933 wurde Hannelore Kohl in Berlin-Schöneberg geboren und wuchs in Leipzig auf. In den Jahren 1943 und 1944 wurde sie evakuiert. 1945 flohen sie, wie viele ihrer Generation, vor der herannahenden Roten Armee.

Als ihr Vater 1952 gestorben war und der Familie damit die finanzielle Grundlage entzogen worden war, gab sie ihr Fremdsprachenstudium auf. Zunächst als Sekretärin und dann als fremdsprachliche Stenotypistin schaffte sie es den Lebensunterhalt für ihre Mutter und sich selbst zu bestreiten.

Dann lernte sie den CDU-Nachwuchs-Politiker und Studenten der Geschichts-, Rechts- und Staatswissenschaften, Helmut Kohl, kennen. Sie heirateten im Juni 1960, als Kohl bereits als Referent der Chemischen Industrie Rheinland Pfalz tätig war und sich als Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Ludwigshafen engagierte.

1963 wurde der erste Sohn Walter, 1965 Sohn Peter geboren. Noch gab es eine Familienidylle. Sie habe ihren Mann immer versucht von der politschen Karriere zurückzuhalten, heißt es bei Peter Kohl. Doch diese folgte um so steiler: 1969 wurde Helmut Kohl rheinland-pfälzischer Ministerpräsident, Hannelore Kohl mit 36 Jahren "Landesmutter". Das Familienleben litt, als Helmut Kohl 1976 zum Oppositionsführer der Union im Bundestag gewählt wurde.

Hannelore Kohl engagierte sich für Menschen, die bei Unfällen Schäden des Zentralen Nervensystems (ZNS) davongetragen haben. 1971 übernahm sie die Schirmherrschaft über eine neurologische Rehabilitationsklinik des Bundes Deutscher Hirngeschädigter in Vallendar bei Koblenz.

Und dann das Jahr 1982: Hannelores Mann wurde zum Bundeskanzler gewählt und hielt dieses Amt für 16 Jahre inne. An seiner Seite wurde sie zu einer der wichtigsten und sichtbarsten Repräsentantinnen Deutschlands.

In dieser Funktion gründete sie das Kuratorium ZNS, dem sie als Präsidentin vorstand. Bis kurz vor ihrem Tode setzte sich Hannelore Kohl für die Verbesserung der Therapien und Lebensbedingungen von Unfallopfern ein, wie in beiden Büchern hervorgehoben wird.

Seit 1993 litt sie an einer Lichtallergie. Die Öffentlichkeit erfuhr von dieser Krankheit nichts.

Ihr Freitod

Ein halbes Jahr vor ihrem Freitod, geriet der ehemalige Bundeskanzler durch die Spendenaffäre in die Kritik. Peter Kohl betont in seinem Buch, dass auch seine Mutter persönlich heftig angegriffen wurde. So wurde ihr vorgeworfen, über das Kuratorium ZNS würden Spendengelder im großen Stile "gewaschen". "Nach all den Jahren der Selbstaufopferung und der unentgeltlichen Arbeit für das Land und die Unfallverletzten musste sie sich von wildfremden Menschen auf der Straße als 'Spendenhure' beschimpfen lassen", schreibt Patricia Clough.

Hannelore Kohl gab auf. Sie verlor zusehends ihre Kräfte. Ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich. Sie vermochte keine Hoffnung auf Heilung mehr aufzubringen. Die Ärzte bestätigten die Aussichtslosikeit auf Genesung.

Am 4. Juli 2001 nahm sie sich mit einer Überdosis von Morphiumsulfat und Schlaftabletten das Leben. Sie hinterließ 20 Abschiedsbriefe an ihren Mann, ihre beiden Söhne, Verwandte, Freunde und Bekannte.

Der Abschiedsbrief von Hannelore an ihren Mann Helmut Kohl ist in dem Buch des gemeinsamen Sohnes abgedruckt: "Es fällt mir sehr schwer, Dich nach über 41 Ehejahren zu verlassen, aber ein langes Siechtum in Dunkelheit will ich mir und Dir ersparen, zumal die Unheilbarkeit nun leider mehrfach bestätigt wurde. Ich habe über viele Jahre um das Natürlichste von der Welt, um Licht und Sonne gekämpft, leider vergebens. Es wird immer schlechter und meine Kraft ist nun zu Ende ( ...) Ich bin jetzt 68 Jahre alt, ein Alter, das dem Leben seinen Platz eingeräumt hat. Ich danke Dir für viel Hilfe, Zuspruch und Deine Versuche, mein Leben zu erleichtern. Zusammen mit Dir habe ich viele gute Jahre gehabt und auch schlechte Zeiten haben wir durchgestanden. Ich danke Dir für ein Leben mit Dir und an Deiner Seite - voller Ereignisse, Liebe, Glück und Zufriedenheit. Ich liebe Dich und bewundere Deine Kraft. Möge sie Dir erhalten bleiben. Du hast noch viel zu tun."

In einem Interview mit der "Süddeutschen" sagte Peter Kohl: "Vielleicht regt dieses Buch zum Nachdenken an" und der "Bunten" sagte er: "Jene Leute, die die Rahmenbedingungen geschaffen haben, die meiner Mutter das Leben erschwert haben, sollten vielleicht ihr Gewissen befragen."

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen