Lage in Afghanistan könnte sich ändern Zweifel an Abzug bis Ende 2014
22.01.2012, 15:09 Uhr"Wenn sich die Dinge grundlegend ändern, könnte eine neue Lage entstehen", sagt Verteidigungsminister de Maizière. Dann könnte sich auch der für Ende 2014 geplante Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan verzögern. Derweil wird bekannt, dass bei einem Abzug Deutschland auch die Polizeiausbildung am Hindukusch einstellt.
Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière hält eine Verschiebung des bis Ende 2014 geplanten Abzugs der internationalen Schutztruppen aus Afghanistan für denkbar. "Natürlich ist die Strategie immer abhängig von den obwaltenden Umständen", sagte de Maizière der "Südwest Presse". "Wenn sich die Dinge grundlegend ändern, könnte eine neue Lage entstehen", antwortete er auf die Frage, ob Deutschland und die anderen Staaten ihre Soldaten bis Ende 2014 abgezogen haben werden.

Wie lange bleiben die internationalen Truppen - hier zwei US-Soldaten in Kandahar - noch in Afghanistan?
(Foto: AP)
Die Völkergemeinschaft werde Afghanistan nicht im Stich lassen, betonte der CDU-Politiker. Es gehe auch um den Aufbau afghanischer Sicherheitskräfte, daher blieben Beratungskräfte im Land. "Und es wird auch über Finanzhilfen zu sprechen sein." Schon früher hatte de Maiziere darauf hingewiesen, dass ausländische Ausbilder auch über 2014 hinaus in Afghanistan bleiben könnten.
De Maizière erklärte, dass im Lauf dieses Jahres ein konkreter Abzugsplan erstellt werden müsse. Der Prozess der Übergabe der Verantwortung an die afghanischen Sicherheitskräfte müsse unumkehrbar gemacht werden. "Und er muss begleitet werden durch einen friedenspolitischen Prozess zur Einbeziehung aller Akteure, einschließlich der Nachbarn, besonders Pakistan."
Auch Polizei soll abziehen
Derzeit sind am Hindukusch rund 5000 deutsche Soldaten im Einsatz. Anfang des Jahres soll das Kontingent leicht verringert werden. Eine stärkere Verkleinerung um 500 Soldaten soll bis Januar 2013 folgen - wenn es die Sicherheitslage zulässt.
Mit dem Abzug der deutschen Kampftruppen bis Ende 2014 soll einem Bericht des Magazins "Spiegel" zufolge auch die Polizei ihr Engagement in Afghanistan beenden. Weil ohne Soldaten die Sicherheit nicht gewährleistet sei, werde Deutschland dann keine Anwärter mehr für den afghanischen Polizeidienst ausbilden, zitierten demnach Teilnehmer einer internen Runde bei der Bundespolizei vergangene Woche Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich. Derzeit sind bis zu 200 deutsche Polizisten ständig in Afghanistan als Ausbilder im Einsatz. Das Bundesinnenministerium erklärte dem Bericht zufolge, ein konkretes Datum für den Abzug der Polizisten stehe noch nicht fest.
Frankreich will noch bleiben
Frankreichs Verteidigungsminister Gérard Longuet hat derweil die Sorge vor einem vorzeitigen Truppenabzug aus dem Land entkräftet. Diesen hatte Präsident Nicolas Sarkozy nach dem ins Spiel gebracht. Die Mission der Truppen bleibe "genau gleich", sagte Longuet nun bei einem Besuch in Kabul. US-Außenministerin Hillary Clinton versicherte nach einem Gespräch mit ihrem französischen Kollegen Alain Juppé, die Kooperation werde fortgesetzt.
Der Auftrag der Truppen bleibe, eine "starke Kraft" zu schaffen, um die Verantwortung an die Afghanen übergeben zu können, sagte Longuet. Der Minister und sein Generalstabschef Edouard Guillaud sprachen zudem mit Afghanistans Präsident Hamid Karsai und seinem Innen- und Verteidigungsminister sowie den Oberbefehlshaber der Nato-Truppen, US-General John Allen, über das weitere Vorgehen. Insbesondere ging es darum, wie der Schutz der französischen Soldaten bei der Ausbildung afghanischer Soldaten gesichert werden kann.
Präsident Sarkozy hatte Longuet nach dem Angriff eines afghanischen Soldaten entsandt, bei dem am Freitag in der östlichen Provinz Kapisa vier unbewaffnete französische Soldaten beim Sport getötet worden waren. Sarkozy hatte daraufhin angekündigt, die Zusammenarbeit mit der afghanischen Armee vorerst einzustellen. Zudem schloss er einen vorzeitigen Abzug der derzeit 3600 französischen Soldaten aus Afghanistan nicht aus. Longuet machte die radikalislamischen Taliban für den Angriff verantwortlich.
Quelle: ntv.de, rts/AFP