Vor fünf Jahren besiegelt Aus für "Erichs Lampenladen"
19.01.2011, 10:39 Uhr
Im Januar 2006 wurde der Abriss des Palastes der Republik beschlossen.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Udo Lindenberg hat dem Palast der Republik jetzt ein musikalisches Denkmal gesetzt. Sein Musical "Hinterm Horizont" nimmt dort seinen Anfang. Vor fünf Jahren beschloss der Bundestag das Aus für die DDR-Institution.
Selten ist über die Zukunft eines Betonklotzes so lange und so erbittert gestritten worden wie über den Palast der Republik in Berlin. Einst Aushängeschild der DDR und Sitz der Volkskammer, wurde " Erichs Lampenladen" nach dem Fall der Mauer zu einem Symbol für den Umgang mit der DDR-Vergangenheit. Vor fünf Jahren, am 19. Januar 2006, beschloss der Bundestag endgültig den Abriss des asbestsanierten Gebäudes. Der stattdessen geplante Wiederaufbau des Berliner Schlosses lässt allerdings auf sich warten.
"Ich trauere dem Palast der Republik immer noch nach", sagt der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele. "Es hätte etwas bleiben müssen, das auch diesen Teil der deutschen Geschichte deutlich macht." Die Grünen und die ebenfalls oppositionellen Linken hatten 2006 versucht, den schon 2002 beschlossenen Abriss zu stoppen - umsonst. Der Bundestag besiegelte das Aus mit einer Mehrheit von 75 Prozent. Wenige Wochen später rückte der Abrissbagger an.
Für viele Ostdeutsche ging damit erneut ein Stück ihrer Geschichte verloren. Denn das 1976 eröffnete Gebäude am früheren Marx-Engels-Platz war nicht nur Sitz des DDR-Parlaments und Aufmarschstätte für SED-Parteitage - es wurde auch als gesellschaftlicher Treffpunkt genutzt.
Mehr als 10.000 Kugelleuchten
Hinter der bronzefarbenen Thermoglasfläche gab es Restaurants, Kneipen, Kegelbahnen und zahlreiche kulturelle Angebote. Stars wie Harry Belafonte, Mireille Mathieu, Katja Ebstein und Miriam Makeba traten auf. Udo Lindenberg, das Rock-Idol der Ostjugend, feierte hier am 25. Oktober 1983 seinen legendären Auftritt.
Für den Bau ihres "Volkspalasts" hatte die DDR demonstrativ historischen Boden genutzt. Einst stand an dieser Stelle im Herzen Berlins die Residenz der preußischen Könige, die im Krieg bei einem Bombenangriff schwer beschädigt wurde. 1950 entschied SED-Parteichef Walter Ulbricht, die grandiose Ruine als ein Symbol des Absolutismus zu sprengen und abzutragen.

"Palazzo prozzo", "Ballast der Republik" oder "Erichs Lampenladen" - der teuerste Prachtbau der DDR hat viele Spitznamen.
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Der ein Vierteljahrhundert später dort errichtete Palast der Republik wurde der teuerste Prachtbau der DDR-Geschichte, 485 Millionen Ostmark ließ die Staatsführung dafür springen. Weißer Marmor, rosafarbene Teppichböden und mehr als 10.000 Kugelleuchten (daher der Spottname "Erichs Lampenladen") verströmten den wohligen Charme der Nachkriegsmoderne.
Doch die Blütezeit war kurz. Nach dem Fall der Mauer wird das Haus am 19. September 1990 auf Beschluss der ersten frei gewählten Volkskammer wegen Asbestverseuchung geschlossen. Beim Bau waren 5000 Tonnen Spritzasbest als Brandschutzmittel verwendet worden.
Graffitiverschmierte Ruine zieht Kreative an
2004 entdeckt die Kunst- und Kreativszene das inzwischen aufwändig sanierte Gebäude. Die entkernte, graffitiverschmierte Ruine mit dem abmontierten DDR-Enblem wird zum Schauort von mehr als 900 Kunst-Events mit schätzungsweise 650.000 Besuchern, darunter eine Castorf-Inszenierung von "Berlin Alexanderplatz". "Dort wurde Zukunft ausprobiert", sagt der damalige Berliner Kultursenator Thomas Flierl (Linke) im Rückblick. "Das war ein Rohbau der gemeinsamen Republik."
Fast 87 Millionen Euro hatte die Asbestsanierung den Steuerzahler gekostet. Der Abriss verschlang später nochmal 32 Millionen, weil weitere Asbestreste gefunden wurden. Seither bedeckt eine riesige Grünfläche die Brache. Der Rekonstruktionsbeginn des Hohenzollern-Schlosses wurde auf 2014 verschoben.
Quelle: ntv.de, Nada Weigelt, dpa