Politik

Entscheidung in der Elfenbeinküste Franzosen eröffnen das Feuer

Ouattaras Truppen haben ihre Offensive begonnen.

Ouattaras Truppen haben ihre Offensive begonnen.

(Foto: REUTERS)

Die Truppen des anerkannten ivorischen Präsidenten Ouattara hatten es angekündigt: Sie starten ihre Offensive zur Eroberung Abidjans. Dort halten Soldaten des Ex-Präsidenten Gbagbo letzte Stellungen. Französische und UN-Hubschrauber greifen in die Kämpfe ein und beschießen Stellungen Gbagbos. Die Lage der Zivilbevölkerung ist katastrophal.

UN- und französische Militärhubschrauber haben in das Kampfgeschehen in der ivorischen Metropole Abidjan eingegriffen. Helikopter der dortigen UN-Mission attackierten den Präsidentenpalast und die Residenz des bisherigen Staatschefs Laurent Gbagbo, wie Missionssprecher Hamadoun Touré sagte. Augenzeugen berichteten, dass UN-Hubschrauber zudem das Militärlager Akouédo angriffen, das von Gbagbo-Getreuen gehalten wird.

Zivilisten in Abidjan heben ihre Hände - um zu zeigen, dass sie nicht bewaffnet sind.

Zivilisten in Abidjan heben ihre Hände - um zu zeigen, dass sie nicht bewaffnet sind.

(Foto: REUTERS)

Helikopter der französischen Einheit "Licorne" feuerten auf das Militärcamp Agban der Gbagbo-Truppen. Der Elysée bestätigte, dass französische Truppen an Angriffen der UN-Mission gegen die Soldaten von Gbagbo beteiligt sind. Präsident Nicolas Sarkozy habe in einem Schreiben an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zugesichert, dass die französische Armee bereit sei, die schweren Waffen zu zerstören, mit denen Gbagbos Anhänger gegen die Zivilbevölkerung vorgingen. Ein Berater Gbagbos, Toussaint Alain, verurteilte in Paris die Angriffe als "illegale Tat" und als "versuchten Mord" an dem bisherigen Präsidenten.

Derweil sind Truppen des Wahlsiegers Alassane Ouattara nach Angaben der BBC massiv in Abidjan vorgerückt. Das meldete der Sender unter Berufung auf hohe Offiziere der angreifenden Kräfte. Augenzeugen in der Wirtschaftsmetropole des Landes berichteten von heftigen Feuergefechten und dem Einsatz von schwerer Artillerie.

Abidjan "reif für eine Schnelloffensive"

Ouattaras designierter Ministerpräsident, der ehemalige Rebellenführer Guillaume Soro, hatte zuvor im Fernsehsender TCI gesagt, die seit Tagen umkämpfte Hafenstadt sei "reif für eine Schnelloffensive". Die Truppen des noch amtierenden Präsidenten Laurent Gbagbo, der sein Amt trotz Wahlniederlage nicht aufgeben will, seien "in Panik".

Aus Sorge vor einer blutigen Entscheidungsschlacht brachten die Vereinten Nationen hunderte Mitarbeiter in Sicherheit. Das UN-Hauptquartier in Abidjan sei evakuiert worden, teilten die UN mit. Die Truppen Gbagbos hätten wiederholt UN-Gebäude in der Stadt mit Panzergranaten beschossen und dabei auch benachbarte Wohngebiete getroffen.

Truppen Ouattaras vor Beginn der Offensive.

Truppen Ouattaras vor Beginn der Offensive.

(Foto: REUTERS)

Die meisten der rund vier Millionen Einwohner der größten Stadt des Landes verließen nur in Notfällen ihre Häuser. Die Bevölkerung leidet immer stärker unter Unsicherheit, Lebensmittelknappheit und Plünderungen. UN-Vertreter zeigten sich tief besorgt über die zunehmende humanitäre Krise und appellierten an die Konfliktparteien, ihnen Zugang zu notleidenden Einwohnern zu ermöglichen. Auch die EU rief die Konfliktparteien zum Schutz der Zivilbevölkerung auf. Die Vereinten Nationen schätzen die Zahl der Flüchtlinge im Land auf insgesamt eine Million.

Hintergründe des Massakers unklar

Am Vorabend hatte der international anerkannte Wahlsieger Ouattara mitteilen lassen, dass seine Truppen in Kürze die letzten verbliebenen Stellungen des Machthabers Gbagbo stürmen wollten. Obwohl Ouattaras Republikanische Truppen (FRCI) Abidjan seit Tagen umzingelt haben, hält der Widerstand der Gbagbo-Truppen an, die sich in mehreren Stadtteilen verschanzt haben. Ouattaras Truppen kontrollieren außerhalb Abidjans den größten Teil des westafrikanischen Landes.

Weiter unklar blieben die Hintergründe des Blutbades in Duékoué im Westen der Elfenbeinküste. Die Hilfsorganisation Caritas sprach am Wochenende von einem "Massaker" mit 1000 Toten. Das Internationale Rote Kreuz (IRK) hatte am Donnerstag die Toten auf den Straßen des Ortes gefunden. Nach IRK-Angaben seien etwa 800 Menschen vermutlich am Dienstag getötet worden, einen Tag nach dem Einmarsch von Ouattaras Truppen. Dessen Regierung wies eine Beteiligung an Massakern im Westen des Landes zurück.

Franzosen an sichere Orte gebracht

Soldaten Gbagbos entführten in Abidjan nach Angaben des französischen Senders Europe 1 mindestens zwei Franzosen. Das Außenministerium in Paris bestätigte, dass die Männer entführt worden seien, äußerte sich aber nicht zu den Tätern. Insgesamt wurden nach Angaben des Radiosenders vier oder fünf Menschen aus einem Hotel entführt. Aus Sorge um die mehr als 12.000 Franzosen im Land beschloss Paris weitere Maßnahmen zu ihrem Schutz. Alle Landsleute würden freiwillig an sichere Orte wie Militärbasen gebracht, betonte das Verteidigungsministerium in Paris. Die in dem westafrikanischen Staat stationierten 1500 französischen Soldaten werden den Angaben nach um weitere 150 Mann verstärkt.

Viele Franzosen haben sich in den Stützpunkt Port Bouet bei Abidjan geflüchtet.

Viele Franzosen haben sich in den Stützpunkt Port Bouet bei Abidjan geflüchtet.

(Foto: AP)

Etwa 30 Deutsche befinden sich nach Schätzung des Auswärtigen Amts in Berlin noch in dem krisengeschüttelten Land. Die meisten der ursprünglich rund 200 Bundesbürger hätten das Land inzwischen verlassen, sagte eine Sprecherin in Berlin.

Der Chef der Streitkräfte, General Phillippe Mangou, verließ nach fünf Tagen in Abidjan wieder die südafrikanische Botschaft. Dies bestätigte das südafrikanische Außenministerium. Mangou war am Mittwoch in die Botschaftsresidenz geflüchtet. Der Armeechef war bis zuletzt loyal zu dem im November abgewählten Präsidenten Gbagbo. Es war zunächst unklar, ob der Armeechef zu Gbagbo zurückgekehrt ist.

Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP

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