Letzte Hoffnung Göring-Eckardt Realos wollen Roth verhindern
13.07.2012, 12:28 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Für Außenstehende ist die Teilung der Grünen in Linke und Realos Polit-Folklore, für die Grünen ist sie die Basis harter Machtkämpfe. Derzeit versuchen die Realos, Parteichefin Roth als Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl auszubremsen. Sie würden gern Bundestagsvizepräsidentin Göring-Eckhardt ins Rennen schicken.
Der realpolitsche Flügel der Grünen versucht, eine Spitzenkandidatur von Parteichefin Claudia Roth für die Bundestagswahl im kommenden Jahr zu verhindern. Roth ist bislang die einzige Grünen-Politikerin, die Interesse an einer Kandidatur angemeldet hat. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin gilt als gesetzt.

Roth und Trittin würden nicht die Grünen repräsentieren, sagt Boris Palmer.
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Damit gilt ein Duo aus Roth und Trittin bislang als wahrscheinlichste Lösung - zum großen Ärger der Realos: Ein solches Spitzenduo würde "die Partei nicht in ihrer Breite repräsentieren", sagte der grüne Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer, der "taz". "Und es würde auch relevante Wählermilieus außen vor lassen.
Palmer spricht sich für Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckhardt als Spitzenkandidatin aus. Göring-Eckardt gehört wie Palmer dem Realo-Flügel an. Sie "würde als Person Wählermilieus ansprechen, die sich die Grünen 2013 erschließen müssen", so der Tübinger. Der Vorschlag zeigt allerding auch, wie dünn die Personaldecke der Grünen ist: Neben dem Führungsquartett der Partei- und Fraktionsspitze ist Göring-Eckardt mehr oder weniger die einzige Grüne auf Bundesebene, die über eine gewisse Bekanntheit verfügt.
Verschiedene Personen, verschiedene Milieus
Göring-Eckardt selbst wollte sich über eine mögliche Kandidatur nicht äußern. Der "taz" sagte sie allerdings: "Natürlich ist es wichtig, durch verschiedene Personen verschiedene Milieus anzusprechen."
In der Zeit der rot-grünen Koalition war Göring-Eckardt zunächst Parlamentarische Geschäftsführerin, dann Fraktionsvorsitzende. Seit 2005 ist sie Vizepräsidentin des Bundestags, seit 2009 zudem Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland. "Sie pflegt einen unaufgeregten Politikstil, nicht unähnlich dem von Winfried Kretschmann", sagte Palmer mit Blick auf den grünen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, der auch Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken ist. Seinen Erfolg sieht Palmer als Vorbild für die Bundestagswahl: Mit Göring-Eckardt, sagte er, "würden die Grünen auch bürgerliche Wähler der Mitte oder kirchlich orientierte Kreise gewinnen".
Künast und Özdemir fallen aus

Claudia Roth (l.) ist längst in der Realpolitik angekommen. Doch Zuschreibungen ändern sich nicht so schnell.
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Die Teilung der Grünen in Realos und Linke hat innerparteilich noch immer eine sehr große Bedeutung, auch wenn die inhaltlichen Grenzen längst verschwommen sind. Traditionell gelten Roth und Trittin als "links". Eine gemeinsame Kandidatur der beide wäre damit eine Niederlage für das Realo-Lager. "Ich glaube, dass Menschen die Bilder, die sie von Politikern haben, nicht schnell ändern", sagte Palmer der "taz" auf die Frage, warum Trittin nicht die bürgerliche Mitte anspreche. Trittin sei seit Jahrzehnten eine "linke Führungsfigur innerhalb der Grünen".
Palmer drängte seine Partei, die Spitzenkandidatur bald festzulegen. Es werde Zeit, das zu entscheiden. "Wir beschäftigen uns zu viel mit uns selbst." Traditionell haben die Grünen eine quotierte doppelte Spitzenkandidatur. Wenn es mehr als zwei Bewerber für die beiden Spitzenkandidaturen gibt, soll die Partei in einer Urwahl entscheiden.
Offiziell muss mindestens eine Kandidatin eine Frau sein, inoffiziell gilt zudem die Regel, dass Realos und Linke je einen Posten besetzen. Trittins Kollegin im Fraktionsvorsitz, Renate Künast, wird zwar mittlerweile dem Realo-Lager zugerechnet, gilt jedoch durch die innerparteiliche Kritik vor allem von Realos nach ihrer Niederlage bei der Berliner Wahl im September 2011 als zu stark beschädigt. Roths Co-Parteichef Cem Özdemir wiederum ist zwar Realo, kann als Mann aber nicht neben Trittin kandidieren.
Eine Doppel-Kandidatur von Roth und Göring-Eckardt würde alle Quotierungserfordernisse erfüllen. Bislang hat Trittin jedoch weder seine Kandidatur angemeldet noch die Möglichkeit eines Verzichts angedeutet.
Quelle: ntv.de, hvo