Bitte um Spar-Aufschub Samaras stößt auf taube Ohren
24.08.2012, 05:33 Uhr
Griechenland kann nichts mehr fordern, nur noch bitten: Heute will sich Ministerpräsident Samaras bei der Bundeskanzlerin für mehr Zeit stark machen. Zeit, um etwas langsamer sparen zu dürfen. Derweil bereitet sich die Bundesregierung wohl schon sehr konkret auf einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone vor.
Der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras will bei Bundeskanzlerin Angela Merkel um einen Aufschub bei den Sparvorgaben für sein krisengeschütteltes Land bitten. Merkel lehnt Lockerungen bei den Reformauflagen sowie ein drittes Hilfspaket bisher ab. Entscheidungen werden bei dem Besuch des seit Juni amtierenden Regierungschefs im Kanzleramt jedoch noch nicht erwartet. Derweil sind die Vorbereitungen der Bundesregierung für einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone einem Zeitungsbericht zufolge konkreter als bislang bekannt.
Samaras hofft, dass Athen das EU-Defizitziel von drei Prozent erst 2016 erfüllen muss - und damit zwei Jahre später als von der "Troika" von Internationalem Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und EU-Kommission vorgegeben. Deutschland beharrt bislang auf Erfüllung der Sparauflagen und lehnt eine zeitliche Streckung ab. Berlin will zunächst den Bericht der "Troika" abwarten. Dieser soll im September vorliegen.
Der Besuch in Berlin ist die erste Auslandsreise des konservativen Athener Regierungschefs. An diesem Samstag kommt Samaras in Paris zu Gesprächen mit dem französischen Präsidenten François Hollande zusammen. Merkel und Hollande hatten sich gestern Abend in Berlin abgestimmt.
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast forderte Merkel zu klaren Worten, aber auch etwas mehr zeitlicher Flexibilität gegenüber Athen auf. "Ich erwarte, dass Frau Merkel Griechenland ohne Zweifel sagt: Die getroffenen Vereinbarungen müssen umgesetzt werden", sagte Künast vor deren Treffen mit Samaras. Zugleich betonte Künast: "Ich erwarte auch, dass sich die Bundesregierung nicht grundsätzlich dagegen verschließt, ein wenig zeitlichen Puffer bei der Haushaltskonsolidierung zuzulassen." Konkret stelle sich diese Frage aber erst nach dem "Troika"-Bericht.
Arbeitsstab im Finanzministerium eingerichtet
Im Bundesfinanzministerium befasst sich nach Informationen der "Financial Times Deutschland" eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Staatssekretär Thomas Steffen mit den Folgen eines möglichen Griechenland-Austritts für Deutschland und den gesamten Währungsraum. "Die Kollegen stellen Berechnungen über die finanziellen Folgen an und überlegen, wie sich ein Dominoeffekt auf die anderen Euro-Staaten verhindern lässt", zitiert die Zeitung einen namentlich nicht genannten Mitarbeiter des Ministeriums.
Einen Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zitiert die Zeitung mit den Worten: "Es gibt einen Arbeitsstab, der sich schwerpunktmäßig um die Staatsschuldenkrise kümmert. Herr Steffen ist in diesem Zusammenhang letztverantwortlich vor dem Minister." Es sei richtig, dass sich eine Regierung auf alle Szenarien vorbereite, auch auf unwahrscheinliche.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) warnte vor einem Dominoeffekt für den Fall, dass die Stabilisierung Griechenlands nicht gelingen sollte. "Fällt Griechenland, geht die Spekulationswelle gegen Italien und Spanien erst richtig los. Rufe, an Griechenland ein Exempel zu statuieren oder das Land aus der Euro-Zone herauszuwerfen, sind völlig verfehlt", sagte er der "Passauer Neuen Presse".
Quelle: ntv.de, dpa