Rote Rosen und Querelen Abgucken von Bremen
03.02.2008, 10:32 UhrUnruhe in Niedersachsen und Hessen: Erstmals zieht die Linke nach den Wahlen vom 27. Januar in die Landesparlamente zweier West-Flächenländer ein. Was dort jetzt für Aufregung sorgt, hat Bremen bereits gut acht Monate hinter sich. Seit Mai 2007 sitzt die Linke im Landtag (Bürgerschaft) des kleinsten Bundeslandes. Sie war mit 8,44 Prozent Gewinner der Bürgerschaftswahl. Während in Hannover und Wiesbaden noch über den richtigen Umgang mit den Linken gegrübelt wird, interessiert diese Frage in Bremen kaum mehr.
Relativ gelassen beobachten die Regierungsparteien SPD und Grüne, aber auch die Oppositionsfraktionen CDU und FDP die Arbeit der Linken im Parlament. Dort mischen ihre Abgeordneten nach anfänglichen innerparteilichen Querelen inzwischen munter mit.
Eine rote Rose hatte jeder Linke-Abgeordnete in der ersten Sitzung der Bürgerschaft auf dem Tisch - das war noch das auffälligste Merkmal der Premiere an der Weser. "Sie sind im Grund disziplinierter als manche andere und ausgesprochen freundlich", fasst ein Sprecher der Bürgerschaft seine Eindrücke zusammen.
Zunächst aber machte die Fraktion monatelang Schlagzeilen mit internem Streit und Personalgezänk. Aufdringliche Liebesbotschaften per SMS aus den eigenen Reihen an die stellvertretende Fraktionschefin sorgten für mehr Aufsehen als die politischen Inhalte. Aus Berlin rückte Bund-Länder-Koordinator Bodo Ramelow von der Parteispitze an, um die Bremer Genossen auf Linie zu bringen. Ein Sprecher und zwei Fraktionsgeschäftsführer wurden ausgetauscht.
Aufgefallen durch Querelen
Heute gehen die Meinungen über Politik und Erscheinungsbild der Linken zum Teil deutlich auseinander. "Die Linke hat vor der Wahl viel versprochen, aber wenig gehalten", sagt der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Heiko Strohmann. Nach seiner Einschätzung ist die Partei "offensichtlich in einem völlig chaotischen Zustand: Sie wollte sich für die Menschen einsetzen, ist aber bisher nur durch Querelen und Unprofessionalität aufgefallen."
Differenzierter betrachtet Grünen-Fraktionschef Matthias Güldner das Auftreten der Bremer Linken: "Es gibt eine sehr freundliche Zusammenarbeit. Das Erscheinungsbild ist jedoch ein Riesen-Desaster. Manchmal vertreten zwei Abgeordnete zu einem Thema zwei ganz unterschiedliche Standpunkte. Inhaltlich zeugt es auch nicht von Verantwortung, bei der Haushaltsdebatte allein mehr Ausgaben und die Aufnahme neuer Kredite zu fordern. Die Partei ist im Parlament noch nicht angekommen."
Ähnlich sieht es auch SPD-Fraktionschef Carsten Sieling: "Ein geschlossener Kurs ist nicht zu erkennen, das Auftreten nicht sehr professionell. Ob sie ein politisches Format entwickeln, ziehe ich sehr in Zweifel." Bei aller Distanz halten SPD und Grüne jedoch eines für überflüssig: die Beobachtung der Linken durch den Verfassungsschutz. "Das ist politische Folklore", sagt Sieling.
Ins kalte Wasser gesprungen
Linke-Fraktionschef Peter Erlanson lässt die Kritik der politischen Konkurrenz kalt: "Wir wollten für Unruhe und mehr Transparenz im Landtag sorgen. Das ist uns zum Teil auch gelungen. Schmerzlich war jedoch die Erfahrung, dass unsere Personaldebatten offenbar interessanter waren als unsere eigentliche Arbeit." Erlanson sieht auch eine "Kampagne gegen die Linke" im Zusammenhang mit den Wahlen in Niedersachsen und Hessen. "Da wird dann auch gern mal gelästert, wir hätten keine Laptops und würden unsere Parlamentsanträge per Hand schreiben. Das ist natürlich Quatsch."
Die stellvertretende Fraktionschefin Sirvan-Latifah Cakici räumt anfängliche Probleme ein: "Wir hatten zunächst keine professionelle Hilfe wie jetzt unsere Kollegen in Niedersachsen und Hessen. Wir sind richtig ins kalte Wasser gesprungen. Jetzt bekommen wir die organisatorischen Schwierigkeiten in den Griff." Grünen-Fraktionschef Güldner erinnert der holperige Start der Linken an den Aufbruch seiner eigenen Partei vor mehr als 20 Jahren: "Wir kennen das noch aus unseren eigenen Anfängen."
Von Hans-Christian Wöste, dpa
Quelle: ntv.de