Frankreichs Einwanderungspolitik Abschiebung nach Quote
06.07.2008, 14:30 UhrEin Streik ausländischer Arbeiter ohne Papiere legt mehrere Traditionsrestaurants in Paris lahm. Ein Abschiebelager brennt nach Ausschreitungen ab. Organisationen kritisieren brutale Abschiebemethoden und werfen der französischen Regierung eine "Hetzjagd auf illegale Ausländer" vor. Vor diesem Hintergrund wird Frankreich an diesem Montag beim Treffen der EU-Innenminister seine Pläne für einen europäischen Einwanderungspakt vorstellen. Doch angesichts massiver Probleme kann das Land kaum als Musterbeispiel einer gelungenen Einwanderungspolitik gelten.
Die Regierung in Paris rühmt sich, die Zahl der abgeschobenen Ausländer in den ersten Monaten des Jahres um 80 Prozent erhöht zu haben. "Wir haben das Recht, unsere Einwanderer selbst auszusuchen", betont der französische Präsident Nicolas Sarkozy, der mit dem Thema gern auf Stimmenfang geht. Für die Umsetzung ist sein alter Freund Brice Hortefeux zuständig, Trauzeuge bei Sarkozys erster Ehe und Taufpate seines Sohnes Jean. Hortefeux ist einer der blasseren Minister in der Regierung, der sich in der Öffentlichkeit zurückhält, aber hinter den Kulissen im Eiltempo Fakten schafft.
"Nazi-Methoden"
Im vergangenen Jahr sorgte der Vorschlag von Gentests für nachziehende Familienmitglieder für Aufsehen. Hortefeux betonte, dass es sich um ein zusätzliches Recht der Einwanderer handle, die dadurch einen Beweis ihrer Zusammengehörigkeit vorlegen könnten. Die Opposition sprach von Nazi-Methoden, der Vorschlag wurde ein paar Mal umgeschrieben, die Aufregung flaute wieder ab - und im September sollen die DNA-Tests auf den Kapverden erstmals ausprobiert werden.
Grundsätzlich will Frankreich den Familiennachzug einschränken und zugleich das Konzept der "Gastarbeiter" wieder aufleben lassen. Ausländer sind demnach willkommen, sofern sie Lücken auf dem Arbeitsmarkt stopfen und vor dem Rentenalter wieder in ihre Heimat zurückkehren. Um die Gastarbeiter möglichst genau zu steuern, hat Hortefeux feste Quoten nach Ländern und Berufsgruppen vorgeschlagen.
Abkommen mit afrikanischen Staaten
Da sich die illegale Einwanderung am besten mit Hilfe der Herkunftsländer bremsen lässt, hat Hortefeux in den vergangenen Monaten mit zahlreichen afrikanischen Staaten Abkommen geschlossen. Diese verpflichten sich, die Grenzkontrollen zu verschärfen und abgeschobene Ausländer wieder aufzunehmen - zahlreiche Abschiebungen scheitern nämlich an der Zustimmung der Konsulate. Dafür erhalten sie ein bestimmtes Kontingent befristeter Arbeitserlaubnisse. Die Höhe der französischen Entwicklungshilfe soll bei den Verhandlungen ebenfalls eine wichtige Rolle gespielt haben.
Quoten gibt es schließlich auch für die Abschiebungen von Ausländern ohne Bleiberecht. In diesem Jahr sollen 26 000 in die Herkunftsländer zurückgebracht werden - auch wenn sie mit Handschellen gefesselt und schreiend ins Flugzeug getragen werden müssen. Jede Regionalbehörde bekommt eine Zahl vorgeschrieben. Diese Praxis führt nach Ansicht von Hilfsorganisationen zu zahlreichen Missbräuchen und zu skandalösen Zuständen in den Abschiebezentren.
Ulrike Koltermann, dpa
Quelle: ntv.de