Blasmusik und Wind im Haar Alle lieben Suleiman
26.05.2008, 17:43 UhrMichel Suleimans erster Tag im Präsidentenpalast von Baabda gleicht einem Freudenfest. Überall sieht man nur zufriedene, strahlende Gesichter. Und - was völlig unlibanesisch ist - kein Politiker stichelt gegen den neuen Präsidenten. Auch die sonst so kritische libanesische Presse feiert den am Vortag gewählten Staatschef wie einen Superhelden.
An den Häusern hängt Suleimans Foto im Großformat, Freudenschüsse ertönen. Auf den Straßen tanzen die Menschen im Kreis den traditionellen "Debke", Süßigkeiten und Blumen werden an Passanten verteilt. Auch Suleiman selbst sieht glücklich aus, als er zur Blasmusik die Ehrenformation vor dem Palast abschreitet. Einzig der heftige Wind macht ihm zu schaffen, weil er nicht nur die Nationalfahne mit der grünen Zeder lustig flattern lässt, sondern ihm auch das Haupthaar ganz unzeremoniell zerzaust.
Vermittler zwischen den Fraktionen
Suleiman weiß, dass die Aufgabe, die ihm seine Landsleute zugedacht haben, groß ist, wenn nicht vielleicht sogar unmöglich: Er soll, nachdem die Parteiführer einander monatelang als Lügner, Fanatiker, Mörder und Agenten beschimpft hatten, einen neuen Ministerpräsidenten bestimmen, mit dem alle Parteien einverstanden sind. Dann soll der Präsident persönlich drei Minister der neu zu bildenden Regierung der nationalen Einheit auswählen. Und schließlich soll er auch noch dafür sorgen, dass die vom Iran aufgerüstete Hisbollah-Miliz ihre Waffen und ihre militärische Expertise nicht mehr gegen politische Gegner einsetzt, sondern auf die eine oder andere Art und Weise in den Dienst der Armee stellt.
"Präsident Suleiman soll während des Dialoges, den er bald beginnen wird, Libanons Vermittler zwischen den politischen Fraktionen sein", erklärt der Abgeordnete Butros Harb. "Er ist der Mann des Ausgleichs", titelt die überregionale arabische Tageszeitung "Al-Hayat" an diesem Montag.
Keine Feinde machen
Zwar waren es libanesische Parlamentarier, die Suleiman an mit großer Mehrheit zum Präsidenten gewählt haben. Doch in der libanesischen Suppe rühren viele fremde Mächte. Deshalb muss Suleiman immer auch dafür sorgen, dass er sich keine Feinde in Damaskus, Riad, Teheran, Paris und Washington macht. "Suleiman ist ein internationaler Präsident", schreibt die Beiruter Tageszeitung "Al-Safir".
Dem libanesischen Milliardär und Ex-Regierungschef Rafik Hariri war dieser Spagat zuletzt nicht mehr gelungen. Er überwarf sich 2004 mit der Führung in Damaskus, unter anderem weil er die von der Schutzmacht Syrien damals durchgesetzte Verlängerung der Amtszeit von Staatspräsident mile Lahoud nicht akzeptieren wollte. Wenige Monate später starb er im Zentrum der von ihm nach dem Bürgerkrieg (1975- 1990) mit viel Herzblut wieder aufgebauten Hauptstadt Beirut. Eine Bombe riss ihn und 22 weitere Menschen im Februar 2005 in den Tod.
Der syrische Präsident Baschar al-Assad, der Hariri zuvor nach Angaben von Augenzeugen bedroht hatte, hat Suleiman als einer der ersten Staatschefs der Region telefonisch gratuliert. Jetzt warten die Libanesen darauf, dass der von ihnen so euphorisch gefeierte Präsident einen Ministerpräsidenten ernennt. Vieles deutet darauf hin, dass Hariris Sohn Saad neuer Regierungschef werden könnte.
Von Anne-Beatrice Clasmann, dpa
Quelle: ntv.de