Vor den Wahlen in Afghanistan Angst vor Anschlägen
29.07.2009, 08:32 UhrIn weniger als einem Monat stehen in Afghanistan Präsidentschaftswahlen an und die Situation in dem Land am Hindukusch ist angespannter denn je. In den vergangenen Wochen stiegen die Anschläge radikalislamischer Taliban rasant an und für die ausländischen Truppen war der Juli der blutigste Monat seit dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001. Experten fürchten, dass die Aufständischen die Wahlen am 20. August erneut zum Anlass nehmen werden, um ihre Ablehnung demokratischer Strukturen kundzutun. Viele Zivilisten sind um ihre Sicherheit besorgt - und könnten allein deshalb der Wahl schlicht fernbleiben.

Wahlwerbung in Kabul.
(Foto: dpa)
"Wir erwarten, dass die Aufständischen die Wahl als Mittel nutzen, ihre Absichten zu kommunizieren", sagt US-Konteradmiral Greg Smith. "Sie wollen nicht, dass diese Regierung erfolgreich ist, sie wollen nicht, dass die Menschen überhaupt das Recht haben zu wählen." Polizei und Sicherheitskräfte in Afghanistan würden jedoch "alles tun, was sie können", um am Wahltag die Sicherheit im Land zu gewährleisten.
Erhebliche Sicherheitsprobleme
Doch andere sind da pessimistischer. "Es gibt 7000 Wahllokale im Land, und ich glaube weder die afghanische Regierung noch die internationalen Streitkräfte haben genug Personal, um überall für Sicherheit zu sorgen", sagt Harun Mir vom Afghanistan-Zentrum für Wissenschaft und Politische Studien in Kabul. "Es gibt erhebliche Sicherheitsprobleme im Süden und im Osten." Die Anschläge in der Provinz Paktia und in Dschalalabad hätten gezeigt, dass die Taliban oder das internationale Terrornetzwerk El Kaida die Wahlen stören wollen. Bei den Angriffen auf Regierungsgebäude hatten Selbstmordattentäter in der vergangenen Woche mehrere Polizisten mit in den Tod gerissen.
Nach einer Zählung der unabhängigen Website icasualties.org starben bei Kämpfen in Afghanistan allein im Juli 67 ausländische Soldaten, so viele wie noch nie in einem Monat seit Beginn der US-geführten Invasion im Jahr 2001. Derzeit sind 90.000 Soldaten der internationalen Truppen dort stationiert und immer mehr kommen ins Land, um die Sicherheit im Vorfeld der Wahlen zu gewährleisten. Doch auch in relativ sicheren Regionen fürchtet die Regierung um einen friedlichen Ablauf der Wahl. "Viele Gebiete waren lange Zeit unter der Kontrolle der Taliban", sagt Anti-Drogen-Minister General Chodaidad. Sie hätten "sehr wenig Zeit", um die Wahlen vorzubereiten.
Anschläge auf Politiker
Gefährdet sind neben Polizisten und Zivilisten auch die Politiker selbst. Auf einen Vizepräsidentschaftskandidaten von Staatschef Hamid Karsai wurde vor wenigen Tagen ein Anschlag verübt, den er aber überlebte. Außerdem wurde der Wahlkampfleiter des aussichtsreichen Präsidentschaftskandidaten Abdullah Abdullah bei einem Angriff auf seinen Wagen verletzt, der Fahrer wurde getötet. Zuvor war bereits ein Anschlag auf eine Wahlkampfveranstaltung Abdullahs verübt worden, zu dem sich die Taliban bekannten. Dabei wurde ein Mensch verletzt.
Der UN-Gesandte für Afghanistan, Kai Eide, rief die Rebellen am Dienstag auf, die Wahlen nicht zu stören. "Es ist wichtig für jeden von uns, dass diese Wahlen den Willen des Volkes repräsentieren", sagte er. Ob der am Ende der Wahl stehen wird, ist laut Mir trotzdem fraglich. Der Experte befürchtet, dass die Bürger allein aus Angst vor Gewalt den Wahlen fernbleiben könnten - oder dass deren Legitimität in Frage gestellt wird. Denn auch Wahlbeobachter sind rar.
Quelle: ntv.de, Charlotte McDonald-Gibson, AFP