Dossier

Opposition spricht von Farce Aserbaidschan wählt

Erstmals nach dem Krieg in Georgien steht mit dem aserbaidschanischen Staatspräsidenten Ilcham Alijew am Mittwoch das Staatsoberhaupt einer Kaukasus-Republik zur Wahl. An einer Bestätigung des 46-Jährigen für eine neue fünfjährige Amtszeit besteht kein Zweifel, die wichtigsten Oppositionsparteien boykottieren die Wahl. "Wenn er 80 Prozent der Stimmen bekommt, wundert es mich nicht. Auch nicht, wenn es 90 Prozent werden", sagt ein westlicher Diplomat in der Hauptstadt Baku.

Die Opposition hält das ganze Verfahren für eine Farce und spricht von einer "Imitation von Demokratie". So findet die Abstimmung ohne echten Wahlkampf in einem politischen Vakuum statt. Eine politische Debatte gebe es nicht, stellte die internationale Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen am Wochenende nach Beobachtung der Medien fest.

Präsident ist omnipräsent

Dafür drehe sich in den Medien, die die 4,8 Millionen Wahlberechtigten verfolgen, fast alles um den Präsidenten und seine Aktivitäten. "Berichterstattung über die Kandidaten, die gegen den Präsidenten antreten, gibt es nicht", stellte die Organisation fest. "In den Nachrichtensendungen des Staatsfernsehens gibt es praktisch keine Berichterstattung über Wahlkampf."

Der 46-Jährige wurde 2003 nach dem Tod seines Vaters Haider Alijew zu dessen Nachfolger gewählt. Internationale Wahlbeobachter kritisierten die Wahl damals als nicht frei und fair, weil die Opposition eingeschüchtert wurde und es schon im Wahlkampf keine Chancengleichheit gab.

In seine erste Amtszeit fällt der Beginn des Ölbooms in Aserbaidschan, der das Land zu den am stärksten wachsenden Volkswirtschaften der Welt gemacht hat. Die Einnahmen aus dem Ölgeschäft sind erst durch den Bau der Ölpipeline von Baku über Tiflis (Georgien) zum türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan möglich geworden. Der Verlauf der Röhre macht deutlich, wie stark Aserbaidschan von stabilen Verhältnissen im Nachbarland abhängig ist. Die Pipeline ist die verletzliche Lebensader Aserbaidschans.

Brüchiger Waffenstillstand

Auch der Konflikt um das von Armeniern besiedelte und besetzte, völkerrechtlich aber zu Aserbaidschan gehörende Berg-Karabach birgt große Gefahren. Der Streit weitete sich 1992 zu einem Krieg mit Armenien aus. Mehr als 800.000 Vertriebene leben in Aserbaidschan. Seit 1994 gilt ein brüchiger Waffenstillstand. Präsident Alijew hat seinem Volk versprochen, dass sich Aserbaidschan niemals mit der Besatzung abfinden wird. Aserbaidschan gibt jedes Jahr mehr Petrodollars für die Aufrüstung seiner Armee aus, was Angst vor einem möglichen Waffengang nährte.

Der Krieg im benachbarten Georgien hat auch Aserbaidschan die eigene militärische Schwäche neben dem Riesen Russland vor Augen geführt. Es scheint, dass das Land nun noch mehr darum bemüht ist, es sich mit keinem Nachbarn zu verderben, obwohl Westanbindung das politische Ziel ist.

Quelle: ntv.de, Carsten Hoffmann, dpa

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