Rollenspiele für G8-Gipfel Attac probt Ernstfall
13.01.2007, 16:19 UhrVon 15.000 Polizisten, Scharfschützen und Soldaten wollen sich die Gegner des G8-Gipfels im Juni nicht einschüchtern lassen. "Die werden mit grimmigen Gesichtern vor Euch stehen, groß und dick angezogen und bewaffnet sein", erzählt die Aktivistin der Organisation Attac, Jutta Sundermann, jungen Protestlern. Während sich in Heiligendamm Sicherheitsexperten auf einen reibungslosen Ablauf des G8-Gipfels vorbereiten, trainieren auch die Kritiker - allerdings für Protestaktionen. Rund 100 Globalisierungsgegner, die am Wochenende in Hannover zusammenkamen, klettern auf Bäume, malen Transparente, basteln bis zu drei Meter große Pappfiguren und üben das Verhalten bei Sitzblockaden.
"Es gibt jetzt zum G8-Gipfel in Heiligendamm die erste größere Protestvorbereitung in Deutschland", sagt Sundermann, die vor knapp sieben Jahren das globalisierungskritische Netzwerk Attac in Deutschland mitgründete. Die europaweite Organisation zählt derzeit rund 17.000 Mitglieder in der Bundesrepublik. Ob in Kiel, München oder Essen: Überall gibt es zurzeit Infoveranstaltungen und Treffen von G8-Kritikern. Der Gipfel der Gruppe der sieben führenden Industrieländer und Russlands (G8) findet zwischen dem 6. und 8. Juni an der mecklenburgischen Ostseeküste statt.
100.000 Globalisierungsgegner erwartet die Polizei in Heiligendamm und sorgt vor: Am Montag beginnt der Bau des zehn bis elf Millionen Euro teuren Sicherheitszauns um das Ostseebad. Im März wollen Polizei- und Hilfskräfte ihr Vorgehen bei Zusammenstößen mit militanten Demonstranten trainieren. Wenn der Badeort Anfang Juni Tagungsort für die Staats- und Regierungschefs der acht führenden Industrienationen wird, wollen beide Seiten bereit sein.
In Hannover ist die Gruppe der künftigen Demonstranten beim G8- Gipfel bunt gemischt. Sie reicht vom 65Jahre alten Lehrer, der den jungen Aktivisten von seinen 68er Erfahrungen erzählt bis hin zur 16-jährigen Judith aus Nordhessen, die Freunde begleitet. "Ich war schon auf Demonstrationen der Antifa-Bewegung und gegen Studiengebühren", erzählt sie. Vor allem mit Blockaden auf den zentralen Zufahrtswegen wollen Globalisierungskritiker den G8-Gipfel empfindlich stören. Auch Rocksänger Herbert Grönemeyer plant während des Gipfels ein Konzert.
Globalisierungskritische Organisationen wie Attac kritisieren, eine Liberalisierung des Welthandels schaffe nicht mehr Wohlstand, sondern Armut. "Der Welthandel ist auf die Belange von Konzernen ausgerichtet, nicht auf die Belange von Menschen", sagt Ingmar Vogelsang. Der 33-Jährige demonstrierte bereits beim G8-Gipfel 2005 im britischen Gleneagles gegen Armut und Ungerechtigkeit. Wie weit der Aktivismus geht, das müsse jeder für sich selbst entscheiden.
Vivien Leue, dpa
Quelle: ntv.de