Dossier

Staatspräsident der Türkei Befugnisse und Hürden

Abullah Gül von der religiös-konservativen Regierungspartei AKP ist der Nachfolger von Ahmet Necdet Sezer im türkischen Präsidentenamt. Sezers Mandat lief am 16. Mai nach sieben Jahren aus. Die Abstimmung über seinen Nachfolger wurde jedoch aufgrund der innenpolitischen Krise um die Kandidatur des islamisch geprägten Gül verschoben. Im Folgenden einige Informationen zu der Wahl.

Politisches System

Die Türkei ist eine parlamentarische Republik, die exekutive Macht liegt weitgehend in Händen der Regierung. Der Staatspräsident kann sein Veto gegen ein Gesetz und in einem zweiten Schritt vor dem Verfassungsgericht Einspruch dagegen einlegen. Er ernennt Universitätsrektoren, ranghohe Richter und besetzt weitere Schlüsselpositionen der türkischen Verwaltung. Zudem ist er Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Das Militär, die Universitäten und die Gerichte sind traditionell die Hüter des von Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk festgeschriebenen Säkularismus. Das Amt des Präsidenten hat in diesem Zusammenhang große Symbolkraft, weil das Staatsoberhaupt als Erbe Atatürks gilt.

Deshalb war die Kandidatur Güls bislang sehr umstritten. Die Kemalisten befürchten, ein Präsident aus den Reihen der regierenden AKP könnte die strikte Trennung von Staat und Kirche aufweichen. Die AKP ist aus der islamistischen Bewegung in der Türkei hervorgegangenen. Ihre Vorgängerparteien waren verboten worden.

Parlament und Wahl

In dem im Juli neu gewählten Parlament aus 550 Abgeordneten hat die AKP eine Mehrheit von 341 Stimmen. Bis zu vier Wahlgänge sind bei der Wahl des Präsidenten möglich. In den ersten beiden Runden muss ein Kandidat von mindestens 367 oder zwei Dritteln der Abgeordneten gewählt werden. Im dritten Wahlgang reicht die absolute Mehrheit von 276 Stimmen. Die Wahl Güls galt als sicher, da seine Partei über diese Mehrheit verfügt.

Gegner Güls

Die türkische Militärführung hatte vor der Wahl vor politischen Angriffen des neuen Staatspräsidenten auf den säkularen Staat gewarnt. Die Streitkräfte seien entschlossen, die Demokratie und die Trennung von Staat und Religion zu verteidigen, erklärte Generalstabschef Yasar Büyükanit auf der Internetseite des Generalstabs. Separatisten und Zentren des Bösen versuchten systematisch, die säkulare Grundlage der Türkischen Republik zu zersetzen.

Im Frühjahr war die Wahl Güls in einem ersten Anlauf gescheitert. Nach Drohungen der Militärführung, die sich als Hüterin der Trennung von Staat und Religion versteht, hatte das Verfassungsgericht den Wahlgang annulliert.

Quelle: ntv.de

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