Dossier

So schön ist (manchmal) Hessen Bei Mandy und Sandy

Königinnen heißen normalerweise Elisabeth, Viktoria oder Luise – aber nicht Corinna, Jacqueline oder Sandy. In Deutschland schon, zumindest an diesem Wochenende in Witzenhausen (Hessen). Das Städtchen östlich von Kassel war bis Sonntag zwei Tage Gastgeber des 3. Deutschen Königinnentages -und mehr als 200 "Hoheiten" aus 15 Bundesländern kamen.

Zwetschgenkönigin, Gerstenkönigin, Mirabellenkönigin, Hutkönigin, Limeskönigin, Korbkönigin, Schwalbenkönigin, Gurkenkönigin, Lehmkönigin, Brunnenkönigin, Blaubeerkönigin, Getreidekönigin, Zwiebelkönigin, Rhododendronkönigin, Wurzelkönigin – es gibt nichts, wofür es kein gekröntes Haupt gibt. Hinzu kommen Unstrut- und Spreenixen, ein Krautkönigspaar, die Ochsenfurter Zuckerfee und eine Rosenelfe, eine Tabakkönigin gar und Marktfraa und Winzerborsch aus Worms ebenso wie Bienenprinzessin und Bienenbrummer aus Nastätten im Taunus. Nicht zu vergessen gleich mehrere Kartoffelköniginnen und natürlich unzählige Weinköniginnen inklusive einer "Gebietsweinprinzessin" und dem "Bundesäppelwoikönigspaar".

"Man fühlt sich schon ziemlich bürgerlich als schnöder Ministerpräsident neben so vielen Hoheiten", sagt Hessens Regierungschef Roland Koch (CDU), bevor er im Führungswagen des Festumzuges neben der Witzenhäuser Kirschenkönigin Katharina III. Platz nimmt. "Aber dieser Termin ist immer der schönste im Jahr", sagt Koch noch grinsend, dann mahnt der Chauffeur die Umstehenden, den alten Mercedes bitte nur am Verdeck anzuschieben, falls er nicht anspringt. "Bitte nicht an den Lack fassen. Bitte!" Doch der Wagen springt an und bei Kaiserwetter tröpfelt der Königinnenzug los durch das 16.000-Einwohner-Städtchen.

Gehen müssen die Majestäten natürlich nicht. Um die 100 Trikefahrer kutschieren die jungen Mädchen durch die Stadt und bieten mit Jeanswesten, Lederkluft und Totenschädelfiguren auf den hochglanzpolierten Dreiradchoppern einen erheblichen Kontrast zu den jungen Mädchen. Weil man auf den dreirädrigen Motorrädern meist nur breitbeinig sitzen kann, spiegelt sich zuweilen ein gequältes Lächeln im verchromten Helm des Fahrers. Koch sucht, ein dreiviertel Jahr vor der nächsten Landtagswahl, das Gespräch: "Was ist das wichtigste an so einem Trike? PS?" fragt der Regierungschef. Der Fahrer, ein Fallschirmjägerabzeichen der Bundeswehr neben einem Bierbügelverschluss an der Jeansweste, zuckt die Schultern und antwortet dann nur: "Chrom".

"Leicht ist es nicht, "Königin" zu sein", sagt lachend Desiree I., Thermenkönigin aus dem fränkischen Bad Staffelstein. Sie selber habe nur ein paar Termine, "aber die Hopfenkönigin muss 200 Mal im Jahr los. Kein Wunder, dass die noch eine Vize-Hopfenkönigin an der Seite hat." Corinna Schmöller ist Mostkönigin in Bayern geworden. "Man muss ganz viel über Obst wissen. Kein Problem für mich, ich wollte schon als ganz kleines Madl Mostkönigin werden." So lange kann das noch nicht her sein, doch einige der gut 200 Königinnen sind schon von der 40 nicht weit entfernt. Es gibt nichts, was es bei den Königinnen nicht gibt.

Koch genießt den Trubel. "So viel Glanz sehen wir in Hessen gern." Und war der Südhesse in den 49 Jahren seines Lebens schon einmal irgendwo König, Prinz zumindest? "Nö, bei mir lief alles immer sehr profan."

Von Chris Melzer, dpa

Quelle: ntv.de

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