"Konzept der ausgestreckten Hand" Berlin befürchtet Randale am 1. Mai
29.04.2010, 08:32 Uhr
Die Polizei rechnet mit Übergriffen aus dem Schwarzen Block.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Der 1. Mai steht vor der Tür. Das bedeutet für Berlin Demonstrationen und Ausschreitungen. Wieder steht die Polizei vor dem Tag der Arbeit mit ihrem Anti-Gewalt-Konzept in der Kritik.
Es ist der am wenigsten geliebte Stichtag in der Hauptstadt, und dieses Jahr dürfte der 1. Mai seinem schlechten Ruf wieder gerecht werden. Seit Tagen debattieren Politiker in Berlin über das, was am Samstag an Krawallen zu erwarten ist. 41 Demonstrationen sind für den Tag der Arbeit angemeldet. Besonders die Demonstration der Linksautonomen im Stadtteil Kreuzberg schlug in den vergangenen Jahren fast traditionell in Gewalt um.
Die Polizei steht unter Druck. "Wegen der komplexeren Lage werden mehr Unterstützungskräfte als im Vorjahr benötigt", sagte Polizeisprecher Thomas Goldack. Wie viele Polizisten genau eingesetzt werden, ließ er offen. Die Detailplanungen seien noch nicht abgeschlossen. Beim 1. Mai 2009 hatten rund 5000 Polizisten versucht, die schwersten Krawalle seit Jahren einzudämmen. Das Ergebnis waren fast 480 verletzte Polizisten und 289 Festnahmen. Gegen mehr als hundert Randalierer wurde Anklage erhoben.
Linke demonstrieren in Kreuzberg

Erinnerungen an 2009: In Kreuzberg finden die schwersten Krawalle seit Jahren statt.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Eine wissenschaftliche Analyse der damaligen Ausschreitungen im Auftrag der Berliner Innenverwaltung ergab, dass es sich nur bei einem kleinen Teil der Randalierer um Personen handelte, die schon politisch auffällig geworden waren. Andere fühlten sich durch die Präsenz der Polizei provoziert oder sahen den 1. Mai als "Event", auf dem sie "Spaß" haben wollten. Mehr als die Hälfte der Festgenommenen stand unter Alkoholeinfluss.
Um der Masse Herr zu werden, setzt die Polizei nach eigenen Angaben auf "Kommunikation und Kooperation" sowie auf "sofortiges, konsequentes und gezieltes Vorgehen gegen Gewalttäter". Berlins Innensenator Ehrhart Körting bezeichnete die Strategie auf Radio Berlin als "Konzept der ausgestreckten Hand". Gleichzeitig will die Polizei versuchen, einen Ausbruch der Gewalt durch gezieltes Steuern der Demonstrationsrouten zu verhindern. So sollen die Linken mit ihrem Zug nicht durchs Straßenfest "Myfest" in Kreuzberg ziehen, sondern gut einen Kilometer davon entfernt demonstrieren.
Rechte machen in Prenzlauer Berg mobil
Doch nicht nur die Linken, auch die Rechten wollen Präsenz zeigen. Nach Informationen der "Berliner Zeitung" wollen die Rechtsextremen am Samstagmittag durch den Stadtteil Prenzlauer Berg ziehen und werden dabei sicher nicht unbehelligt bleiben. Gegendemonstranten haben sich angekündigt, und auch der Bürgermeister des zuständigen Bezirks Pankow, Matthias Köhne, rief auf Radio Eins zur Blockade der Neonazi-Demonstration auf.
Die Stimmung ist also angespannt, und es hagelte bereits Kritik am Konzept der Polizei. So rief die Union den Berliner Senat zu einer härteren Gangart gegenüber Gewalttätern auf. Die "Deeskalationsstrategie in ihren verschiedenen Spielarten" sei gescheitert, sagte der Unions-Innenexperte Hans-Peter Uhl. Wenn sich ein sogenannter schwarzer Block formiere, aus dem heraus Molotowcocktails geworfen würden, dürfe sich dieser nicht in Bewegung setzen, sondern müsse aufgelöst werden, verlangte Uhl. Sollte Berlin an der "falschen Einsatzstrategie" festhalten, müsse das Land mit Konsequenzen rechnen. "Dann ist es für Innenminister anderer Länder nicht mehr zu verantworten, ihre Polizisten zur Unterstützung nach Berlin abzuordnen."
Streitpunkt: Polizisten aus anderen Bundesländern
Die Entsendung von zusätzlichen Polizeikräften aus anderen Bundesländern ist offenbar der empfindlichste Punkt bei der Gewaltbekämpfung. Am zweitletzten Spieltag der Bundesliga werden Bereitschaftspolizisten auch vor den Stadien benötigt, zudem sind bundesweit zahlreiche Mai-Demonstrationen angekündigt. Auf die Frage nach der nötigen Unterstützung blieb der Berliner Polizeisprecher Goldack vage. Es sei Verstärkung "in benötigtem Umfang" zugesagt worden, sagte er lediglich.
Quelle: ntv.de, Mechthild Henneke, AFP