Dossier

Mindestens zehn Tote Blutige Wahlen auf den Philippinen

Von Hommy Dara

Die Wahlen in den Philippinen sind, wie von den meisten erwartet, blutig verlaufen. Mindestens zehn Menschen kamen bei dem Urnengang um Leben. Die Wahlen zum Repräsentantenhaus, dem Senat und die Kommunalwahlen sind zwar kein direktes Votum für oder gegen die überwiegend unbeliebte Präsidentin Gloria Arroyo – sie bestimmen jedoch ihr weiteres politisches Schicksal. Denn sollte die Opposition eine Zweidrittelmehrheit im Senat erhalten, wird Arroyo mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit des Amtes enthoben. Das endgültige Ergebnis der Wahl wird Ende der Woche erwartet.

Um eine Wahlschlappe für Arroyo zu verhindern, hat sich bisher die Mafia in den Philippinen, die immer wieder mit der Präsidentin in einem Satz erwähnt wird, bereits sehr tüchtig gekümmert. Viele ihrer Gegenkandidaten von vor einem Jahr sind nämlich tot: erschossen, erwürgt, ertrunken, verbrannt und einer sogar mit dem Kopf im Gasbackofen vergast. In der nördlichen Provinz Abra wurden am Montag der Ortsvorsteher und ein Kandidat für die dortige Kommunalwahl erschossen. In einer anderen Provinz wurde der Ex-Bürgermeister mit gezielten Schüssen niedergestreckt. Eine Schule, in der gewählt werden sollte, wurde einfach angesteckt, in diversen Provinzen wurden Wahlunterlagen gestohlen. Ein Wähler erzählte sogar einer Nachrichtenagentur, er habe eine Pistole am Kopf in der Wahlurne gehabt. Dem Mann ist zu wünschen, dass er noch lebt.

Der wohl blutigste Wahlkampf in der Geschichte des Inselreiches erinnert eher an einen Genozid. Vor etwa sechs Wochen musste eine Mutter von mehreren Kindern auf offener Straße ihr Leben lassen – sie machte Werbung für den Gegenkandidaten.

In diesem Monat haben somit rund 40 Oppositionelle ihr Leben gelassen. Insgesamt ist die Rede von über 300 Ermordungen innerhalb der letzten zwölf Monate. Die einzige Funktion der Polizei scheint die zu sein, den Tod der Opfer festzustellen. Investigationen verlaufen sich in einem wirren Netz von Korruption, Drohungen und mafia-ähnlichen Erpressungsmethoden. Die Stimme derer, die sich überhaupt noch zu Worte melden, werden immer leiserer – wer kann es ihnen verdenken? Die Wahlbeobachter der EU sind bestimmt nicht dabei. Die hatten schon vor drei Monaten in einem offiziellem Protestbrief an die Regierung in Manila ihre „außerordentlichen Bedenken“ geäußert. Die Mafia, und wahrscheinlich die Regierung in den Philippinen, müssen selten so gelacht haben. Die Antwort kam postwendend: Vier Spitzenkandidaten wurden ermordet. Pardon – drei: einer erhängte sich selbst und hinterlies auf seinem PC Textverarbeitungsprogramm eine Abschiedsnachricht. Vorher wischte er gründlich die Tastatur ab, damit auch keine seiner Fingerabdrücke zu erkennen waren. Dann erhängte sich der Lebensmüde, nicht ohne vorher die gesamte Wohnung fast sterilisiert zu haben. Ein „sauberer“ Abgang!

Arroyos Diktatur funktioniert bislang, weil sie nicht nur das Militär hinter sich hat, sondern auch die hundert reichsten Bonzen im Land, die mit Charme und Kanonen die Wirtschaft kontrollieren. Unterdessen verelenden jeden Tag Kinder in den Straßen von Manila, die bereits im Alter von zehn Jahren auf den Strich gehen müssen, um überhaupt noch zu überleben. Die Zahl der Analphabeten steigt in schwindlerregender Höhe, genauso wie das Vermögen einer kleinen, ausgesuchten Elite fast täglich neue Höchststände erreicht.

Doch Arroyos treuster Freund sind die USA. Die Dame bombardiert im „Krieg gegen den Terror“ den gesamten Süden, weil sich dort die Terrorgruppe Abu Sayyaf aufhält. Die Separatisten wollen einen muslimischen Staat im Süden der erzkatholischen Philippinen gründen. Die Kriminellen dachten sie könnten sich unter der unschuldigen Zivilbevölkerung verstecken. Ein schlimmer Fehler: Die meisten Opfer sind Leute, die nur in Ruhe leben wollten. Auf einen toten Terroristen kommen mittlerweile 15 zivile Opfer.

Quelle: ntv.de

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