"Lichtgestalt" im Handball Brand und das Wintermärchen
02.02.2007, 14:41 UhrWenn Heiner Brand über den "Kaiser" spricht, tut er das mit leuchtenden Augen und voller Bewunderung. "Franz Beckenbauer ist mein großes Idol. Ich war immer begeistert von der Art seiner Ballbehandlung. Ich finde ihn irgendwie ganz toll", schwärmt Brand. Ein Sieg fehlt dem Handball-Bundestrainer jetzt noch, um in einem ganz entscheidenden Punkt mit seinem Fußball-Idol gleichzuziehen.
Sollte sein Team am Sonntag in Köln das WM-Finale gegen Polen gewinnen, wäre Brand wie Beckenbauer "Doppel-Weltmeister": nämlich als Spieler und als Trainer. In der Handball-Historie wäre das eine Premiere. Wie bei seinem Vorbild Beckenbauer könnte man dann sagen: Fast alles, was Brand anfasst, wird zu Gold.
Die beiden Coups will Brand 29 Jahre nach dem "Wunder von Kopenhagen", als die deutsche Mannschaft mit ihm als Kreisläufer die UdSSR (20:19) besiegte, aber nicht vergleichen. "Trainer ist mein Beruf, Spieler war mein Hobby", beschreibt der 54-Jährige in seiner ihm ganz eigenen, trockenen, sympathisch zurückhaltenden Art den Unterschied.
Um sich für den WM-Stress zu rüsten, hatte sich Brand zwischen Weihnachten und Neujahr ein Joggingprogramm auferlegt. Der Lohn: "Drei bis vier Kilo weniger als normal", berichtet der dreifache Großvater.
Obwohl er Vergleiche eigentlich nicht mag - viele Parallelen zwischen dem Spieler Heiner und dem Coach Brand gibt es dennoch. Mit der gleichen Akribie, wie der Gummersbacher einst auf dem Parkett die gegnerischen Angreifer stoppte, hat er Deutschlands Handballer in seiner zehnjährigen Amtszeit in der Weltspitze etabliert. "Ich fing bei Null an. Die Mannschaft hatte die WM-Qualifikation verpasst und war ziemlich weit unten", erzählt Brand.
Was unter seiner Regie folgte, war unter anderem der Sieg bei der EM 2004 in Slowenien und nur wenige Monate später der Gewinn der Silbermedaille bei Olympia in Athen. Zuvor hatte die Auswahl bereits die "Vize"-Titel bei der WM 2003 in Portugal und der EM 2002 in Schweden geholt.
Bei der Heim-WM ist für die "Lichtgestalt", wie DHB-Vizepräsident Horst Bredemeier den Bundestrainer nennt, bereits vor dem Finale am Sonntag das Wintermärchen wahr geworden: "Wenn mir jemand vor zwei Wochen gesagt hätte, was wir hier schaffen, hätte ich es ihm angesichts unserer Ausgangslage nicht geglaubt."
Seine Jungs erleben aber auch einen ganz neuen Brand. Nach dem Viertelfinaleinzug tanzte der sonst so reserviert wirkende Mann mit dem markanten Schnauzer wie selbstverständlich mit seinen Schützlingen. "Ich habe gedacht, da machst du einfach mal mit", sagte Brand. Überhaupt wirkt der 131-malige Nationalspieler (231 Tore) verglichen zu den Vorjahren extrem locker. Bei den Pressegesprächen hat der Diplom-Kaufmann mit dem trockenen Humor stets die Lacher auf seiner Seite.
Auch Ehefrau Christel, mit der er seit 31 Jahren verheiratet ist, hat die Veränderung festgestellt. "Heiner ist im Vergleich zu früher viel gelassener geworden. Er ist mit sich im Reinen, weil er alles Menschenmögliche für den Erfolg getan hat", sagte die Grundschullehrerin.
Brand selbst gesteht seine neue Lockerheit ein, ist aber gerade für die jüngeren Spieler noch immer eine Autoritätsperson. "Bei den Älteren ist es ein demokratischer Führungsstil. Jüngere muss man ja manchmal noch erziehen. Da ist auch die Distanz und der Respekt größer", sagt der Erfolgstrainer.
Über seine Zukunft hat der sechsmalige deutsche Meister noch nicht entschieden. Sein Vertrag läuft nach den Olympischen Spielen 2008 in Peking aus. Brand: "Der DHB ist aber der erste Ansprechpartner."
Quelle: ntv.de