Dossier

Sonderregeln für die Kurzarbeit Brücke oder Subvention?

Die Kurzarbeit gilt als Basis des deutschen "Jobwunders". Umstritten ist es dennoch: Seine Gegner argumentieren, Kurzarbeitergeld sorge für einen Erhalt nicht zukunftsfähiger Arbeitsplätze. Bundesregierung und Gewerkschaften sehen die Sonderregeln dagegen als "Beschäftigungsbrücke" in die Zeit nach der Krise.

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(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die Sonderregeln für Kurzarbeit waren Teil des "Konjunkturpakets II", das die Große Koalition im Februar 2009 beschlossen hatte. Es sah vor, dass die Bundesagentur für Arbeit den Arbeitgebern ihren Anteil zur Sozialversicherung zur Hälfte erstattet. Bereits das "Konjunkturpaket I" hatte die Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes von 12 auf 18 Monate ausgedehnt. Die schwarz-gelbe Koalition hat die Regelungen bislang zwei Mal verlängert.

Das Kurzarbeitergeld beträgt für den Arbeitnehmer 60 Prozent des eingebüßten Nettolohns, Arbeitnehmer mit Kindern erhalten 67 Prozent. Die Hälfte der auf Kurzarbeit entfallenden Sozialbeiträge übernimmt die Bundesagentur für Arbeit (BA), 100 Prozent sind es, wenn der Arbeitnehmer sich während Kurzarbeit qualifiziert. Dauert die Kurzarbeit länger als sechs Monate, übernimmt die BA ebenfalls 100 Prozent.

Diese Regeln gelten als Grundlage für das deutsche "Jobwunder". Während die Arbeitslosigkeit in der Eurozone auf 10 Prozent stieg, liegt die Quote in Deutschland bei 8,5 Prozent.

Den Höhepunkt erreichte die Kurzarbeit im Mai 2009: Damals waren 1,516 Millionen Arbeitnehmer in Kurzarbeit. Im Dezember 2009 waren es noch 810.000 Arbeitnehmer, für das erste Quartal dieses Jahres geht die BA von 850.000 Kurzarbeitern aus. Im März hatten Firmen für 55.000 bis 60.000 Mitarbeiter Kurzarbeit beantragt. Überdurchschnittlich viele Kurzarbeiter waren oder sind in mittelständischen Firmen beschäftigt: Nur ein Drittel von ihnen arbeiten in Betrieben mit mehr als 500 Angestellten.

"Subvention nicht zukunftsfähiger Arbeitsplätze"

Umstritten ist, ob die Auswirkungen der Kurzarbeit ähnlich sein werden wie die der Abwrackprämie, die ebenfalls im "Konjunkturpaket II" beschlossen worden war. Haben die Regeln zur Kurzarbeit Deutschland durch die Krise getragen oder den Anstieg der Arbeitslosigkeit nur verzögert? Sorgt das Kurzarbeitergeld möglicherweise sogar dafür, dass Unternehmen notwendige Anpassungen verschlafen?

Skeptisch ist das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. DIW-Chef Klaus Zimmermann räumt zwar ein, dass die Kurzarbeit in der Krise "maßgeblich" dazu beigetragen habe, die Arbeitslosigkeit in Grenzen zu halten. Er warnt jedoch davor, das Instrument zu überdehnen. Dann könne es passieren, dass sich Unternehmen nicht an neue Gegebenheiten auf den Märkten in der Zeit nach der Wirtschaftskrise anpassten. Dies sei für die Betriebe aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit aber notwendig. "Wie bei allen Subventionen muss man über den Ausstieg nachdenken - rechtzeitig", sagt Zimmermann.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) lehnt Kurzarbeit gar generell ab. Je länger die Regelung dauere, desto eher würden mit der "doppelten Subvention" von Arbeitsplatzerhalt und Sozialversicherungsansprüchen nicht zukunftsfähige Arbeitsplätze zeitweise erhalten.

"Beschäftigungsbrücke" in die Zeit nach der Krise

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach argumentiert dagegen, die "Beschäftigungsbrücke" Kurzarbeit dürfe nicht vorzeitig abgerissen werden. Es sei absehbar, dass bald wieder Fachkräfte benötigt würden. Unterm Strich sei es daher günstiger, Kurzarbeit zu finanzieren als Arbeitslosigkeit.

So sieht dies auch die Bundesregierung: "Die Verbesserung der Kurzarbeiterregelung ist ein wichtiges Hilfsmittel für die Betriebe und schützt die Arbeitnehmer vor krisenbedingten Kündigungen", sagt Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU).

Quelle: ntv.de

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