Wer hat Angst vorm Kreuther Geist? CSU ohne spannende Themen
03.01.2010, 15:15 Uhr
Am Mttwoch beginnt die traditionelle Klausur der CSU in Wildbad Kreuth.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Das Ziel lautet, klar den Kurs vorgeben. Was machen CSU-Politiker? Sie fordern einen Vize-Kanzler, schweigen zur Gesundheitsreform. Inhaltliche Akzente sehen anders aus.
Er spukt wieder, der Kreuther Geist. Aber kann er noch jemanden erschrecken? Was aus der CSU kurz vor der Klausurtagung ihrer Landesgruppe in Wildbad Kreuth zu hören ist, taugt kaum dazu: Parteichef Horst Seehofer sah sich am Wochenende genötigt, die abwegige Forderung aus seiner Partei nach einem eigenen Vizekanzler schnell wieder zu kassieren. Und die Kritik von Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wirkte vor allem der Kreuther Tradition geschuldet, sich zum Jahresanfang mit der Schwesterpartei CDU anzulegen. Was die Christsozialen aber im Jahr 2010 inhaltlich auf die Beine stellen wollen, ist unklar.
Die CSU-Bundestagsabgeordneten Hans-Peter Uhl und Norbert Geis hatten via "Bild"-Zeitung Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg als Vizekanzler ins Gespräch gebracht. Angeblich - so berichtete das Blatt - ist der Hintergrund der Forderung, dass Seehofer vielen in der CSU bundespolitisch nicht mehr präsent genug ist. Womöglich wegen dieses Vorwurfs ging der CSU-Chef selbst in die Offensive und wies die Forderung als "Gespensterdiskussion" zurück.
Mangelnde bundespolitische Präsenz

Einige CSU-Politiker würden gerne Guttenberg als Vize-Kanzler an Merkels Seite sehen.
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Für Klagen über mangelnde bundespolitische Präsenz gäbe es allerdings durchaus Anlass. Edmund Stoiber hatte Wildbad Kreuth über Jahre dazu genutzt, die CSU mit immer neuen Konzepten zur Steuer- und Wirtschaftspolitik als treibende Kraft der Union zu profilieren. Und Stoibers als CSU-Chef schnell gescheiterter Nachfolger Erwin Huber hatte in Kreuth 2008 immerhin die Grundzüge seines Steuerkonzepts präsentiert, das inzwischen tatsächlich in einigen Teilen umgesetzt ist.
Vom seit fünfzehn Monaten an der CSU-Spitze stehenden Seehofer fehlt solch ein inhaltliches Ausrufezeichen dagegen bis heute. Der "Bild am Sonntag" sagte er, dass "beste Bildung für alle" für ihn höchste Priorität habe. Dazu legte er allerdings keine eigenen oder neuen Vorschläge vor, sondern nannte es lediglich alternativlos, den längst beschlossenen Bildungspakt der Länder mit dem Bund auch umzusetzen.
Schweigen zur Gesundheitspolitik
Gar kein Wort verlor Seehofer über die Gesundheitspolitik - dabei will Schwarz-Gelb in diesem Jahr die Weichen für eine Gesundheitsreform stellen. Die CSU hat dazu eine parteiinterne Kommission eingesetzt, um bei dem strittigen Thema eigene Akzente setzen zu können. Die Forderung von Landesgruppenchef Friedrich an Merkel, in diesem Jahr klarer den Kurs vorzugeben, ließe sich angesichts dieser Zurückhaltung Seehofers auch an den CSU-Chef richten.

Musste Kränkungen einstecken: Parteichef Seehofer.
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Seehofer sagte der "BamS" zu der am Mittwoch beginnenden dreitägigen Klausurtagung, CSU-Legende Franz Josef Strauß wäre über die derzeitige Lage der Christsozialen "sicher nicht amüsiert". Aufmerksamkeit soll der CSU am Donnerstag ein Wahlkämpfer verschaffen: Dann wird der in Nordrhein-Westfalen um seine Wiederwahl bangende CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers in dem oberhalb des Tegernsees gelegenen Tagungszentrum erwartet.
So wie vermutlich Rüttgers, zu dem die CSU in den vergangenen Jahren ein distanziertes Verhältnis hatte, dürfte auch der zweite hochkarätige Gast eher einen nüchternen Empfang erhalten. Die in Brüssel stark vertretenen Christsozialen haben es geschafft, den neuen Präsidenten des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, als Gast zu gewinnen. Bei Van Rompuy geht es aber zunächst nur darum, sich gegenseitig kennen zu lernen.
Keine inhaltlichen Akzente
So wenig an inhaltlichen Akzenten von der 34. Kreuther Klausur zu erwarten ist, so viel wird es für Seehofer um das Zwischenmenschliche gehen. An den Abenden hinter verschlossenen Türen kann der als Ministerpräsident stark in München eingespannte Seehofer bei den Berliner Abgeordneten darum werben, ihm auch nach dem schlechten Abschneiden bei der Bundestagswahl zu vertrauen. Vertrauen hat Seehofer dringend nötig: Er habe in seinem politischen Leben noch nie so viele Kränkungen wie im vergangenen Jahr erleben müssen, sagt Seehofer. Die für ihn ärgerliche Forderung nach dem Vizekanzlerposten für Guttenberg dürfte ihn erahnen lassen, dass es 2010 so weitergehen könnte.
Quelle: ntv.de, Ralf Isermann, AFP