Dossier

Stoibers Stuhl wackelt Chaos in der CSU

Es wird eng für Edmund Stoiber. Der bayerische Ministerpräsident ist in die schwerste Krise seiner 13-jährigen Amtszeit geraten. Mit jedem harmlosen Satz, so scheint es, verheddert sich der CSU-Chef in immer neue Fallstricke. Auslöser der neuesten Krise: Stoiber hatte angedeutet, dass er nach der Landtagswahl 2008 eine ganze Amtszeit bis 2013 absolvieren will - eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Das Ergebnis: Stoiber musste von der für nächste Woche geplanten vorzeitigen Nominierung als Spitzenkandidat 2008 abrücken. Ansonsten hätte der Landtags-CSU kommende Woche in Wildbad Kreuth ein offener Aufstand um das Stoiber-Votum gedroht.

Ob Stoiber 2008 noch einmal antritt, wird täglich ungewisser. Der aktuelle Konflikt übertrifft nach verbreiteter Einschätzung in der CSU noch die schweren Turbulenzen nach Stoibers Berliner Rückzieher 2005. "Ich mag schon gar nicht mehr das Radio einschalten", seufzte ein bedrückter Abgeordneter am Donnerstag.

Eigentlich wollten die Staatskanzlei und Fraktionschef Joachim Herrmann Stoiber durch die vorgezogene Ausrufung in Kreuth stabilisieren. Das genaue Gegenteil ist eingetreten. Wie mehrere Landtags-Abgeordnete übereinstimmend berichten, gab es verbreitete Proteste an der CSU-Basis gegen eine Nominierung durch die Landtagsfraktion. Die Basis will mitentscheiden über Stoiber.

Die Stimmung sei "niederschmetternd", sagt ein Abgeordneter. Manche in der Landtags-CSU sind zudem verärgert, weil Fraktionschef Herrmann das Stoiber-Votum ohne vorherige Aussprache mit den Abgeordneten ankündigte. Nun heißt es Kommando zurück: "Was die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2008 angeht, stelle ich mich auch dem Votum unseres Parteitags", sagte Stoiber am Donnerstag.

Stoiber steht in der Landtags-CSU keineswegs einem geschlossenen Heer von Feinden gegenüber. Der Riss geht quer durch die Fraktion. "Eine Gespensterdebatte", sagt etwa der Chef des Hochschulausschusses, Ludwig Spaenle, der vor Neujahr gemeinsam mit 19 Kollegen seine Unterstützung für Stoiber aussprach. Nicht nur Anhänger Stoibers rätseln, wie es zu einer derartigen Eskalation überhaupt kommen konnte. Schließlich steht Bayern im Bundesländervergleich nach wie vor glänzend da. Und kein Spitzenpolitiker kann öffentlich ankündigen, er wolle nur eine halbe Amtszeit absolvieren. Damit hätte sich Stoiber sofort selbst zum Auslaufmodell erklärt.

Kommende Woche steht Stoiber ein äußerst schwerer Gang nach Kreuth bevor. Das Krisengespräch mit der Fraktion wurde vorverlegt und steht nun am Dienstag als erstes Thema ganz oben auf der Tagesordnung. Herrmann verlangt nach wie vor einen Treueschwur auf Stoiber - auch wenn das keine Nominierung mehr wird. Die Landtags-CSU werde "unmissverständlich deutlich" machen, dass sie zu Stoiber stehe - das allerdings wahrscheinlich in offener Abstimmung mit Gruppenzwang. Denn wenn die Abgeordneten in einer geheimen Abstimmung ihre wahren Empfindungen äußern dürften, "geht das schief", prophezeit einer.

(von Carsten Hoefer, dpa)

Quelle: ntv.de

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