Dossier

Selbstbewusster G8-Auftritt China gastiert in Japan

Selbstbewusst tritt China auf dem G8-Gipfel in Japan auf. Statt defensiv in die Diskussion um den Klimaschutz zu gehen, warnen hohe chinesische Regierungsvertreter vor "leerem Gerede" über langfristige Ziele. Die reichen Industrienationen werden zu konkreten kurz- und mittelfristigen Schritten zur Verringerung der Treibhausgase gedrängt. China fordert von dem Gipfel auch konkrete Lösungen für die Welternährungskrise und die Probleme durch die Rekordölpreise. Gerade Entwicklungsländer litten unter den steigenden Kosten für Energie- und Nahrungsmittel und seien die "größten Opfer" des Klimawandels, argumentierten chinesische Regierungsbeamte schon vor dem Eintreffen von Staats- und Parteichef Hu Jintao in Toyako.

Nie zuvor ist die chinesische Führung so aktiv in einen G8-Gipfel gegangen. Erstmals hat Chinas Präsident, damals Jiang Zemin, 2003 im französischen Evian an einem G8-Treffen teilgenommen. Jetzt ist China wie Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika ein regelmäßiger Gast, weil ohne die Schwellenländer die globalen Probleme nicht mehr zu lösen sind. "Es ist eine gute Chance für China, eine wesentliche Rolle als mächtiges Land zu spielen", kommentierte Professor Yu Yingli vom Shanghaier Institut für Internationale Studien.

Als globale Macht anerkannt

Wenn es im illustren Club der "führenden Industrienationen" - USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada - heute noch allein um die Wirtschaftskraft als Voraussetzung für eine Mitgliedschaft ginge, müsste China als viertgrößte Wirtschaftsnation ohnehin längst dazu gehören. "Wenn China eingeladen würde, bin ich sicher, dass wir dazu gehören wollten", sagte Yu Yingli. Aber der gegenwärtige Mechanismus funktioniere gut. "Dass China teilnimmt, bedeutet doch schon, dass wir als globale Macht anerkannt werden."

Kurz vor dem Gipfel verabschiedete Chinas Staatsrat noch schnell einen Plan zur Steigerung der Getreideproduktion, um der Welt zu zeigen, dass es sein Milliardenvolk alleine ernähren kann. Das Ziel lautet, in den nächsten zwölf Jahren weiter mindestens zu 95 Prozent Selbstversorger zu bleiben. Um die Getreideernte bis 2020 auf 540 Millionen Tonnen zu steigern, soll Ackerland besser geschützt sowie die ländliche Infrastruktur ausgebaut werden. Chinas Plan sei "der größte Beitrag zur globalen Nahrungsmittelsicherheit", hob Direktor Liu Zhengdong vom Landwirtschaftsministerium hervor.

Drängender ist aber die Suche nach bezahlbarer Energie für Chinas Wirtschaftsboom. "Ich denke, dass die Ölfrage für China am wichtigsten ist", sagte Professor Yu Yingli. Die Regierung sieht als Ursachen für den hohen Ölpreis ein unzureichendes Angebot, die steigende Nachfrage, den schwachen US-Dollar und Spekulationen. An diesen vier Fronten müsse die Weltgemeinschaft - insbesondere die "betreffenden Staaten" - vorgehen, sagte Vizeaußenminister Liu Jieyi. Er ließ keinen Zweifel, dass die USA mehr gegen die Dollarschwäche tun und die Förderländer die Ölproduktion erhöhen sollten.

Keine offenes Ohr beim Klimaschutz

Beim Klimaschutz zeigt China wenig Entgegenkommen, auch wenn das Politbüro den Kampf gegen die globale Erwärmung gerade zur nationalen Aufgabe erhoben hat. Peking verweist nur auf sein Ziel, den Energieaufwand pro Yuan Wirtschaftsleistung bis 2010 um 20 Prozent gegenüber 2005 reduzieren zu wollen. Davon ist das Land aber noch weit entfernt. Peking sieht die reichen Nationen in der Pflicht, weil sie für die meisten der angesammelten Treibhausgase verantwortlich sind und sich viel höhere Pro-Kopf-Emissionen erlauben.

Ohne China ist der Kampf gegen die Erderwärmung aber nicht zu gewinnen. Es ist der größte Kohleverbraucher und überholt gerade die USA als größter Produzent von Treibhausgasen. Doch findet selbst Greenpeace, dass einige entwickelte Staaten endlich aufhören sollten, China und Indien "als Entschuldigung für ihre eigene Untätigkeit zu benutzen". Trotz der schicksalhaften Herausforderungen sind Chinas Erwartungen an den G8-Gipfel aber eher gedämpft, wie der Professor für auswärtige Beziehungen, Xu Tiebing, von Pekings Kommunikationsuniversität deutlich machte. "Von der Geschichte der vergangenen drei Jahrzehnte lässt sich erkennen, dass die Runde ein Problem hat: Es wird viel geredet, aber wenig getan."

Andreas Landwehr, dpa

Quelle: ntv.de

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